Heft 
(1896) 4
Seite
52
Einzelbild herunterladen

52

Eine verschollene Getreideart.

Blätter abwarten, so würden die meisten und besten Körner verloren gehen. Man erntet also die halbtrockene Pflanze, drischt die Körner sofort ab und breitet das Stroh, das ein vorzügliches Futter ist, zum Trocknen aus. Vor etwa 6 Jahren (also um 1870) hatte er Samen von dort für den Garten des landwirtschaftlichen Instituts in Halle bezogen. Auf dieser dort kultivierten Bluthirse erschien nun ein Brandpilz, den Kühn als neu erkannte und unter dem Namen Ustilago Rabenhorstiana beschrieb. 1) Derselbe zerstört die Blütenstände vollständig oder grössten­teils, und da er grossen Schaden anrichten kann, empfiehlt K. das Beizen des Saatguts mit einer 8 1/2 pCt. Kupfervitriollösung. Im Herbst 187 sammelte J. Kühn selbst den Pilz bei Ranscha, 2) einem Dorfe mit Haltestelle der Niederschlesischen Bahn nördlich von Kohlfurt, wo auch Dr. R. Peck in Görlitz, der um die Landeskunde der Oberlausitz so hoch verdiente Direktor des Museums der Naturforschenden Gesellschaft, 3) in den 50er Jahren P. sang . a ngebaut gesehen hat. Auch Körnicke erwähnt a. a. O. den Anbau des P. sang. in der Lausitz; diese Angabe beruht nicht nur auf der Mitteilung von Kühn, sondern wie er mir brieflich mitzuteilen die Güte hatte, auch auf dem Zeugnis eines seiner früheren Zuhörer, namens Pförtner von der Hölle, der ihm etwa um 1862, als er noch an der jetzt eingegangeuen Akademie zu Waldau bei Königsberg dozierte, mitteilte, dass die Pflanze hauptsächlich von kleinen Leuten gebaut und mit dem unästhetischen Namen Läuserich bezeichnet werde. Wie wenig diese Kultur selbst an Ort und Stelle bekannt ist, beweist am besten folgende Thatsache. Herr Lehrer E. Barber in Görlitz, gegenwärtig wohl der beste Kenner der Flora der Preussischen Oberlausitz (auch unter dem Namen Emil vom Zillig- stein geschätzten Dialekt-Dichter) hat im XX. Bande der Abhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft (1893) eine sehr gründliche Arbeit überdie Flora der Görlitzer Heide veröffentlicht. Dieselbe ist das Ergebnis von ca. 50 in den 6 Sommern 18871892 ausgeführten Ex­kursionen, und dennoch war ihm diese für das Gebiet ein Unicum darstellende Kulturpflanze nicht vorgekommen. Seite 99 (43 des Sep.- Abdr.) heisst esNicht beobachtet: Punicum sanguinale L. (1891 bei Kohlfurt angesät [v. Treskow]). Erst durch meine Anfragen auf das kulturhistorische Interesse hingewiesen, hat er dann allerdings

1) Dieser Pilz findet sich übrigens auch auf dem wildgewachsenen P. sang. sowie auf dem nahe verwandten P. lineare. Auf dem ersteren sammelte ihn z. B. mein verehrter Kollege Prof. P. Magnus reichlich 1890 in den Weinbergen hei Meran; auf dem letzteren in unserer Nähe bei Grünau 1880 P. Sydow (Mycotheca Marchica No. 114).

2 ) Rabenhorst, Fungi europaei 2004. Vgl. auch Schroeter in F, Cohn, Kryptogamen Flora von Schlesien III, S. 270.

3 ) Am 28. März 1895 verstorben