Heft 
(1896) 4
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Eine verschollene Getreidenrt.

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folgende sehr dankenswerte Ermittelungen gemacht: P. sanguinale

wird angebaut als Nahrungspflanze unter dem landläufigen Namen Moant 1) = Manna. Die Samen werden in besonderen Stampfen enthüls und wie Panicum miliaceum zu Brei gekocht und zwar mit Wasser und Milch zubereitet, als ländliche DelikatesseMoanbabbe = Manna­brei. Angebaut wurde dasselbe Ende der vierziger Jahre in Waldau, Mühlbock, Rothwasser, sämtlich Orte im Görlitzer Heidebezirk,) 2 möglicherweise auch noch gegenwärtig an denselben Orten, z. B. in Mühlbock noch 1889 mit Bestimmtheit, ausserdem noch in Leuthen (Kr. Sagau, hier auf altschlesischem Gebiet), einem wenige km südlich von Sorau N.-B. gelegenen Dorfe. [Sehr weit nach Niederschlesien hinein wird sich wohl das Kulturgebiet unserer Pflanze nicht erstrecken. Den genauen Kennern der Flora dieses Landesteils, Lehrern Th. Hellwig in Grünberg und E. Figert in Liegnitz, ist darüber nichts bekannt.] In Dorf Kohlfurt wird dasselbe noch alljährlich von 4 oder 5 Besitzern zum eigenen Bedarf angesät und beispielsweise auf dem Felde des Bauern Scheibe am 22. Sept. 1894 geerntet (Augenzeugen Lehrer Schmidt und Wende aus Görlitz). Auf den Markt kommt die Frucht nicht. Von dieser Ernte erhielt ich nachträglich eine Probe. Völlig übereinstimmende Angaben über den Anbau bei Kohlfurt (nebst Probe der geernteten Frucht) hatte ich schon vorher durch Vermittelung meines verehrten Kollegen, Prof. Karl Schumann, von dessen Schwager, Herrn Edmund Halle, Besitzer des Hotel Waldhaus in Kohlfurt erhalten. Derselbe führt neben Moan noch die Benennung Schwade an, so zum Unterschiede von dem auch dort bekannten wilden Schwaden- grase geschrieben. 3) Gegen die BezeichnungLäuserich protestiert Herr Halle; dies sei der Spottname eines schlechten Futtergrases.

Die Vermutung lag nahe, dass die Kultur der Bluthirse sich bis in das so nahe gelegene wendische Sprachgebiet erstrecke. Ich wendete mich daher an den Gemeinde-Vorsteher Johann Hantscho - Hano in Schleife, dem Freund W. v. Schulenburg so manche wichtige folk- loristische Thatsache verdankt, und welcher, wie ich mich bei einem 1882 abgestatteten Besuche überzeugte, eine recht gute Kenntnis der einheimischen Pflanzen besitzt. Ich sandte ihm eine Probe von P anicum stanguinale, m it der Anfrage, ob ihm diese als Kulturpflanze bekannt sei. Die Antwort lautete verneinend. Allerdings sei dort vor 50 bis

1) Einsilbig; oa bezeichnet den Dialekt-Vokal der zwischen a und o liegt. 2 ) Rothwasser und Waldau (letzteres an der Linie der Gebirgsbahn) liegen südlich, Mühlbock nordöstlich vom Bahnhof Kohlfurt. Die beiden letzteren Orte liegen im Kreise Bunzlau, gehörten aber zur (bis 1815 sächsischen) Oberlausitz.

3 ) Der Name Schwade scheint nach Barber in Kohlfurt der gebräuchlichere

zu sein.