Eine verschollene Getreideart.
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Sprache, 1) eine Abhandlung, die das ganze Russische Reich umfassend nach dem im Just-Koehne’s Botan. Jahresbericht 1887 II, S. 115—117 von Bernh. Meyer gegebenen Referat zu schliessen, einen wichtigen Beitrag zur Kenntnis der Getreidearten liefert. In diesem Aufsatze sagt B. (nach Körnicke’s Mitteilung, der sich, wie er mir schrieb, das Wichtigste daraus hat übersetzen lassen) von Panicum sanguinale „Hat in Russland denselben Namen wie bei den Tschechen [s. unten S. 57]. Herr Chvojka in Kiew hat sie zuerst zur Kultur auf magerem Sandboden empfohlen. Man kann die Grenzen der Kultur dieser Pflanze nicht ganz sicher bestimmen; ungefähr in den mittleren und westlichen Gouvernements des europäischen Russlands. Die Pflanze ist zu wenig im westlichen Europa bekannt. Man baut sie in Böhmen seit langer Zeit.“ Dass es sich hier um eine moderne Einführung aus Böhmen, (von wo auch der Name übertragen wurde) und nicht um eine alte Kultur handelt, wurde mir von Herrn v. Batalin brieflich bestätigt. Ob sich unter den westlichen Gouvernements auch die drei befinden, welche das sog. Königreich Polen bilden, ist nicht zu ersehen. Batalin unterscheidet eine var. amothyatinum mit violetten Ährchen und z. T. roten Blättern und eine var. viridans mit grünen Blättern und Ährchen, die aber in Russland nicht kultiviert wird. Die Aufstellung dieser Form beruht, wie mir der Verfasser schrieb, auf Mitteilungen des oben genannten in Russland lebenden Agronomen Chvojka, eines geborenen Böhmen. Körnicke sagt (a. a. O. S. 281) von der in Poppelsdorf kultivierten Pflanze: „Später färben sich alle blattartigen Teile des Ährchens und die Spindeln des Blutenstandes rotbraun.“ An den Link’schen Exemplaren von Graz sind dieselben ebenso lebhaft violett gefärbt wie meist bei der wildwachsenden Pflanze. Auch an den beiden Kohlfurter Proben lässt sich, obwohl die Ährchen meist hellbräunlich verfärbt sind, an einigen die violette Färbung noch deutlich erkennen.
Überblicken wir die mitgeteilten Thatsachen, so können wir, abgesehen von der neuerlichen Erweiterung des Kulturgebiets im westlichen Russland, von der jedenfalls noch abzuwarten ist, ob sie eine bleibende ist, nicht umhin, Körnicke beizupflichten, wenn er (a. a. O. S. 283) von unserer Pflanze sagt „ihr Anbau ist seit den drei Jahrhunderten, wo wir sie zuerst kennen lernten, sehr zurückgegangen“. Sehr charakteristisch ist eine briefliche Mitteilung, die ich dieser Tage von meinem Freunde Celakovsky erhielt, bei dem ich mich nach dem Verbrauch dieser Frucht in Böhmen, dem fast einzigen Lande Mitteleuropas, wo sie noch in einigem Umfange gebaut wird, erkundigt hatte. „Was den Himmelthau betrifft, so kennt ihn von den mir bekannten Hausfrauen
1) In Russland angebaute Hirsegewächse. Samenprüfungsstation am Kaiserl. Bot. Garten in St. Petersburg IV. S. A. aus der Landwirtschaftlichen Zeitung 1887, No. 33—35. 47 Seiten.