Heft 
(1896) 4
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Eine verschollene Getreideart.

Original, sondern in lateinischer Übersetzung überliefert. An der oben S. 42 erwähnten Stelle sagt C. Gesner: Sclavi Cornicis pedem vocant. DieserKrähenfuss wird sich wohl noch bei den heutigen Slowenen nachweisen lassen.

Ob die Bluthirse jemals bei den Elb- und Ostseeslawen, bei den Wilzen und Obotriten eine grosse Verbreitung gefunden hat, ist wohl fraglich. Ernst H. E.m Krause , dieser verdienstvolle Forscher auf de Gebiete der einheimischen Pflanzengeschichte und Pflanzengeographie, dessen gedankenreiche Ausführungen mich stets angeregt haben, auch wo ich seinen Behauptungen nicht beistimme, sagt in seinerPflanzen- geograpliischen Übersicht der Flora von Mecklenburg, S. A. aus dem Archiv der Freunde der Naturg. in Mecklenb., 36. Jahrg. (1884) S. 120, bei Besprechung des Reiseberichts desarabischen Handelsjuden Abra­ham Jacobsen (Ibrahim ihn Jakub), der 973 die slawischen Ostseeländer besuchte:Als Haupt-Halmfrucht wird Hirse genannt.') Panicum mi- liaceum L. und Setaria italica P. B., die jetzt gebaut werden, können nicht gemeint sein, weil sie ein warmes trocknes Klima verlangen ... Eher kann sich die Bemerkung auf Panicum sanguinale L. beziehen. Diese Art wurde früher in Norddeutschland kultiviert, und vermutete Roepen schon 1844, dass dies Gras infolge früheren Anbaues ein­gebürgert sei, obwohl bestimmte Nachrichten für unser Gebiet fehlen. Dass P. sanguinale jemals irgend wo ohne P. miliaceum oder auch nur in grösserem Umfange gebaut worden sei als letztere Getreideart, deren z. T. in die prähistorische Zeit zurückreichende Verbreitung z. B. Hehn 2. ) eingehend darlegt, dass ferner jetzt oder ums Jahr 1000 P sanguinale einen höheren Ertrag geliefert haben würde als P. miliaceum sind Vermutungen, die schwerlich zu beweisen sein werden, mir aber wenig einleuchten. Wichtig in dieser Hinsicht hätte der Samenfund zu Pribbernow, Kr. Cammin, östlich vom Grossen Haff werden können, einer Ortschaft, die als einer der wenigen pominerschen Eibenfundorte den Pflanzengeographen wohlbekannt ist. 3) Herr Dr. E. H. L. Krause

1) Vgl. diese Zeitschr. Bd. III S. 315.

2 ) a. a. O. S. 544. Ober die folkloristische Bedeutung der Hirse in der Nieder­lausitz und angrenzenden Gegenden hat E. Jacobasch kürzlich (Gartenflora 1895, S. 147, 148) eine Mitteilung veröffentlicht. Ich entnehme daraus, dass Milchhirse vor 3040 Jahren auf Hochzeiten und Kindtaufen das obligate Gericht war, von dem die zuschauenden Kinder ihren Anteil alsHirsebemme, eine mit Hirsebrei bestrichene Brotscheibe, erhielten. Jetzt ist auch diese uralte Sitte in Rückgang begriffen; die jüngere Generation und neu Angezogene halten nichts mehr davon und die Kinder bekommen schon lange keine Hirsebemme mehr. Übrigens wird das WortHirse in der Niederlausitz auch männlich gebraucht und, wenn ohne Artikel, sogar noch die altertümliche Form Hirsen. Auch in Frankfurt a. O. wurde vor einem Menschenalter nach Mitteilung meiner Schwägerin, Frau Professor Mathilde Ascherson und von deren Schwester, Frl. Anna Sandan, ausschliesslich der Hirse gesagt. Vgl. auch Friedel Bd. III S. 316, 317.

3) Seehaus, Bot. Zeitung 1862, S. 34.