Heft 
(1896) 4
Seite
96
Einzelbild herunterladen

96

Wiunlinalerei im Kloster Chorin.

keine Fresken, deren Ausführung bekanntlich nur auf dein noch feuchten, zu diesem Zwecke besonders zubereiteten und geglätteten Mörtel, mit dem die Farben auf diese Weise eine feste Verbindung eingehen, erfolgen kann. Dieser Umstand, welcher den Gedanken an Gelegenheitsmalerei offen lässt, tritt zwar der Annahme, dass man es hier vielleicht mit den künstlerischen Versuchen eines dilettieremlen Mönches zu thun hat, nicht entgegen, es darf alter dabei nicht ausser Betracht bleiben, dass Fresken aus dem 13. und 14. Jahrhundert, (bekanntlich eine Blütezeit dieser Kunst) in der Mark wohl nicht angetroffen werden, während im Gegen­teil schlichte Wassermalereien sich mehrfach vorlinden und, z. B. in Fritzlar, Dahlem z. T. unsern Choriner Wandbildern sehr ähnlich sind.

Zur näheren Charakteristik der beiden Compositionen sei angeführt dass, wie auch die Copie erkennen lässt, die Figuren in kräftigen Um- risslinien dargestellt sind, innerhalb deren, soweit der stark verblasste Habitus schliessen lässt, die Farben nur tlächenartig aufgetragen sind. Erkennbar ist nur noch ein leichtes Gelb; man darf aber wohl kaum annehmen, dass dieses der einzige zur Verwendung gelangte Farbenton ist, da der obere Teil des Bogenfeldes noch einige scheinbar polychrome Spuren aufweist.

Bald nach Beginn meiner Arbeit gewann ich den Eindruck, als ob die in dunklem Braun ausgeführten Conturen eine vor erst kurzer Zeit geschehene stellenweise Restaurierung erfahren hätten, und erhielt ich hierüber auf Befragen von dem seit mehreren Jahrzehnten in Chorin thätigeu Gartenmeister Herrn Kaatz folgende Auskunft. Bei der durch den Baumeister Schleyer 1884 erfolgten Freilegung der Malereien sei es unvermeidlich gewesen, dass hin und wieder Linien an einzelnen Stellen verletzt wurden, welche dieser dann sofort wieder selbst ergänzte, ohne dass nach seiner Überzeugung das ursprüngliche Original entstellt worden sei. Nach einer direkten Mitteilung des z. Z. an der technischen Hoch­schule in Hannover als Professor wirkenden Herrn Schleyer hat ein eigentliches Nach ziehen der Contouren, welches nach Vorstehendem etwa vermutet werden könnte, nicht stattgefunden.

Es mag hier dahin gestellt bleiben, ob nach obigen Mitteilungen noch ein Zweifel bezüglich der reinen Originalität der Malereien gestattet ist; so wie sich die beiden Wandbilder heute darbieten, ergiebt eine ver­gleichende Betrachtung einen unverkennbaren Unterschied im künst­lerischen Wert derselben. Während das linke Bild sich etwa auf der Stufe des 13. Jahrhunderts befindet, offenbart das rechte sowohl in der Composition, wie in den Einzelfiguren einen höheren, uns näheren Stand­punkt; es sei besonders auf die dramatische Bewegung der händeringen­den weiblichen Figur aufmerksam gemacht.

Dieser zu Gunsten des rechten Bildes sprechende Unterschied zwischen den beiden ermöglicht auch eine Deutung desselben mit weit