Parchent, richtig Pärchen.
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sind, so wird man last mit Notwendigkeit daraufgcführt, das Niederiausitzer Wort furchen auf slavischen Ursprung zurückzuführen. Westwärts der Oder findet sich „Parchim“ augenscheinlich unverändert in gleicher Bedeutung wie ostwärts der Weichsel wieder. Im Lande der slavischen Obotriten liegt „Parchim“ oder „l’archem“, der Geburtsort des grossen Moltke. Sollte dessen erste Befestigung — 1218 erwarb dieser Ort schon das Stadtrecht — nicht ein Wall mit einer Plankenverzäunung, einem Pärchen, gewesen sein, so dass die unterworfenen Obotriten, der Gewohnheit aller slavischen Völker entsprechend, den Ort Parkan oder Parchim oder wie sonst das obotritische Wort geheissen haben mag, nach dieser Befestigungsart benannt haben? Man könnte nun zwar und mit Hecht den Einwand machen, dass die vordringenden Deutschen doch keinerlei Veranlassung hatten, eine ihnen gewohnte Befestigungsart weder hier noch im Ordenslande mit der slavischen Bezeichnung zu belegen. Dieser Eimvand zerfällt aber vollständig in sich, wenn man die Beobachtung in Erwägung zieht, dass so häutig eine technische Bezeichnung von der grossen Menge der Bevölkerung durch eine ihr geläufigere ersetzt wird und die letztere schliesslich die gebräuchlichere wird; ich erinnere an Depesche für Telegramm; wennschon beide Fremdwörter, ist das orstere im Durchschnitt bevorzugt, obgleich das letztere richtiger ist. Die deutsche technische Bezeichnung für das was Pärchen bedeutete, ist nicht mehr auffindbar; vielleicht hiess sie „pfarrich“, „pferch“ u. s. w. Augenscheinlich hat das slavische Wort die Oberhand behalten. Es mag dahingestellt bleiben wie das Niederlausitzer alt-wendische Wort geheissen haben mag, ob „parchim“ oder „parcan“ oder ähnlich, jedenfalls dürfte eine Umlautung von i oder a in e ebenso erklärlich sein wie die Verwandlung eines k, wenn es überhaupt vorhanden war, in ch; so dass die Umwandlung in „Pärchen“ nicht die geringste sprachliche Schwierigkeit darbot. Es scheint hiernach keine zwingende Notwendigkeit vorzuliegen, das arabische barbacane heranzuziehen. Wenn dieses Wort auch in das Französische und Englische als eine der Kriegskunst angehörige technische Bezeichnung Ubergegangen ist, so muss ich nach dem Vorgetragenen doch Bedenken tragen, ihm die Bedeutung des deutschen Pärchen beizulegen, weil sich die Begriffe nicht decken. Schiessscharte und Wasserabflussrohr weisen auf die Durchbrechung einer Umwehrung; Schanze und Brückenkopf scheinen mir aber viel zu selbstständige Befestigungen zu sein, um in die enge Beziehung zur Ringmauer einer Stadt gedacht zu werden, wie der parcan zu einer solchen. Es ist ja immerhin nicht ausgeschlossen, dass wenn die Uebernahme des arabischen Wortes, vielleicht auch etwas verstümmelt, in die deutsche Kriegstechnik nachgewiesen werden könnte, die Eroberer sich dafür gern das ihnen ebenso fremde Wort hier parchim oder dort parcan gefallen Hessen. Viel eher bin ich geneigt, wie schon oben angedeutet, die von Herrn Dr. Hamann auf S. 149 der Monatsschrift ausgeführte Herleitung von paricus, parcus, pfarrich, pferch für zutreffend zu halten, sofern die slavische Ableitung nicht Geltung haben sollte, zumal unser heutiges Pferch sowohl die Umzäunung als auch den umschlossenen Raum bedeutet. Dass bei den Deutschen und den Wenden ähnlich klingende Wörter denselben oder einen sehr gleichartigen Begriff bezeichnen, darf bei der Verwandtschaft zwischen