Wo hat die Köllnischc Stadtmauer geendet?
Von Georg Siegerist.
Eine alte Streitfrage, die anscheinend schon vor 30 Jahren zu den Toten geworfen worden war, ist neuerdings wieder zum Leben erwacht. Ein Liehlingsthema sämtlicher Berliner Lokalhistoriker war es stets gewesen, den Punkt zu ermitteln, wo die älteste Köllnischc Stadtmauer ihr Ende gefunden hat, ob sie über den Lustgarten lief und der kleinen Burgstrasse gegenüber endete oder ob sie ihren Weg über den Schlossplatz nahm. Während sich Klöden, Fidicin und K. F. Schmidt 1 ) für ersten* Annahme entschieden, gelang es im Jahre 1863 F. Adler auf (iruml bautechnischer Erörterungen, das letztere überzeugend nachzuweisen, 2 ) und ihm schloss sich F. Iloltze in seiner Geschichte der Befestigung von Berlin 1874 an. 3 ) Damit schien das letzte Wort gesprochen zu sein; neuerdings jedoch hat R. Borrmann in seinem im Aufträge des Berliner Magistrats 1893 herausgegebenen Werke „Die Bau- und Kunstdenkmäler von Berlin“ die alte Ansicht wiederum als die allein richtige nachzuweisen versucht. 4 ) Es verlohnt sich daher wohl der Mühe, die Angelegenheit einer nochmaligen kurzen Besprechung zu unterziehen.
Auch wir gehen hierbei von den beiden Türmen aus, die den Stützpunkt für Adlers Untersuchung gebildet haben, dem viereckigen nachmaligen Glockenturm der Domkirche und dem runden, 1682 abgebrochenen Turme an der Spree, die beide auf dem Memhardt’scheu Plane deutlich erkennbar sind. Wir gebrauchen absichtlich von ersterem das Wort „nachmalig“; denn er hat unstreitig ursprünglich zur städtischen Befestigung gehört und stammt aus der ersten städtischen Bauepoche, aus der Zeit bis 1300. 5 6 ) Der Behauptung Borrinanns/') er
’) Historischer Atlas von Berlin, Blatt 1.
*) Zur Geschichte der Befestigung Berlins. Märkische Forschungen Bd. VIII, p. 219 fl'.
3 ) Schriften des Vereins für Geschichte der Stadt Berlin, Heft X.
4 ) p. 258.
5 ) Adler 1. c.
6 ) p. 160.
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