Heft 
(1896) 4
Seite
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Georg Siegerist, Wo hat die Köllnische Stadtmauer geendet?

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geendigt; dies kann nur der genannte gewesen sein, da sich weiter unten in der (Jegend der heutigen Kaiser Wilhelmbrücke keine Spuren eines solchen auflinden lassen. Die Annahme liegt also wohl selu- nahe, dass die Köllnische Mauer sich zwischen diesen beiden Türmen quer über den heutigen Schlossplatz und nicht über den Lustgarten erstreckte.

Weiter. Kurfürst Friedrich II. liess, als er seine Burg- erbaute, ein Stück der Stadtmauer niederreissen, welches die Köllner bei ihrem Aufstande 1448 durch einen Blockzaun zu ersetzen suchten. 1 ) Auch diese Thatsache spricht für uns. Hatte dies Niederreissen der Mauer Zweck gehabt, wenn sie über den Lustgarten lief, also den Bauplatz des Schlosses umfasste? Hätte sie da nicht als 'Verteidigungswerk sein- gute Dienste geleistet? Wohl aber musste sie fallen, wenn, wie wir annehmen, das Schloss sich ausserhalb derselben erhob. In diesem Falle konnte das Schloss in der That die Stadt Kölln beherrschen, was doch sein Zweck war; der Stadtgraben wurde zum Schlossgraben, hinter dem sich die neue Mauer erhob, die beiden Mauertürme verstärkten als sehr willkommene Aussenwerke die Wehrhaftigkeit gegen die Stadt. Bei einem Verlaufe der Mauer über den Lustgarten wäre das ganze Terrain zwischen dem Dominikanerkloster und der Stadtmauer, auf dem das heutige Königliche Schloss steht, unbebaut gewesen; dies ist einfach undenkbar in einer Stadt, die in ihrer räumlichen Entwickelung so beschränkt gewesen ist wie Kölln.

Am meisten aber spricht gegen Borrmann die von ilnn selbst als Hauptgrund pro angeführte Urkunde vom 29. August 1443. 2 ) .Nach derselben geht die Grenze des dein Kurfürsten abgetretenen Terrains von der Klosterpforte nach der langen Brücke bis an die Spree, diese abwärts bis an die Stadtmauer, wes in deine orde und winkele begrepen is, also der nordöstliche Teil des heutigen Schlossplatzes; dazu den Werder jenseit der Stadtmauer und des Grabens; dazu die Stadtmauer von der Spree bis gegen das Kloster und die Klostermauer entlang bis an die Stadtmauer (letztere Bestimmung bezeichnet die Südgrenze des abgetretenen Werders), mit Türmen, Wichhäusern und Gräben. Das Kloster war also hiernach an die Stadtmauer gebaut, ein Brauch, dem man im Mittelalter vielfach huldigte, um die religiöse Scheu, die ein

') Klageschrift des Kurfürsten bei Fidicin, Histor. dipl. Beitr. II, p. 204.

2 ) v. Raumer, Codex dipl. Brand, cont. I. 207. Der betreffende Passus lautet wörtlich: von dem closter predecker Ordens, den ordt von der closter porten na der langen brugge weilte an die Sprew, dy Sprew langes nedder wente an dy stattniure, wes in deine orde und winkele begrepen is, und dartho den Werder, dy an dem orde over dy stattniure und over dy graven wente an dy Sprewe lyt; dartho dy statt­niure von der Sprew wente gegen dat Closter und dy Closter mure langes wente an dy stattinuren, mit tonnen wigkhuseren und graven.

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