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Carl Bolle, Wendische Dämonen.
gleich, auf den Fingern ihrer Tatzen pfiffen, um ihre Opfer herauszulocken, auf Lykanthropie zu beziehen sei, so finden sich doch sonst im Spreewalde nur vereinzelte Hinweise auf diese angebliche grauenvolle Verirrung des Menschen.
Noch viel verblasster erscheint unter den Wenden, im Spreewaklc so gut wie gar nicht, der sonst durchaus nicht allein slidslavische Vrukolak, der Vampyr, den die Deutschredenden den Nachholer nennen.
Ausserst häufig dagegen sind die Aufhocker. Sie hängen sich an Schultern und Dreschflegel, werden immer schwerer und schwerer und verlassen den nachts Ilcimwandernden und durch sie Geängstigten erst wenn er, schweissgebadet, unter der Last zusammenbricht. Gewöhnlich unsichtbar erscheinen sie mitunter auch in Hundsgestalt. Man braucht nicht an die Mühlenfiiesse oberhalb Lilbhen und Lübbenau zu wandern, um ihnen zu begegnen. Ich kann in wenig mehr als meilenweiter Entfernung von Berlin, im Spandower Forst unweit der Papcnbcrge, an ziemlich besuchter Landstrasse eine Stelle bezeichnen, wo noch vor kurzem den Passanten ein solcher Unhold auf den Kücken zu springen pflegte. Es ist nur ein Unglück dass, wenn man selber die Probe machen will, es immer heisst: Das war erst vor ganz kurzer Zeit so — in der Gegenwart trifft man’s seltener. Fast glaube ich, dass Elementargeister uns aufgekliirten Leuten nicht oft die Ehre ihrer persönlichen Bekanntschaft gönnen wollen.
Wir wenden uns jetzt zu den eigentlichen Feuergeistern, deren es zweierlei Hauptspezies giebt: Irrlichter und den Pion.
Erstcre fuhren im Wendischen den Namen Bud oder Bludnik. "Wenn mir jemand mit Bestimmtheit sagen könnte, ob die strenge Wissenschaft, in der ich ein Laie bin, die Existenz von Irrlichtern als thatsitchlich annimmt oder nicht, würde ich ihm dankbar verbunden sein. Man hört wenig von diesem Thema sprechen und doch wlire gerade hier eine natürliche, dem übersinnlichen entrückte Erklärung am ehesten als leicht möglich vorauszusetzen.
Eine Entwicklung von Leuchtgasen aus stehenden Gewässern erscheint so wenig unglaubhaft und verbindet sich mit so ausgesprochener Volksüberzeugung der verschiedensten Örtlichkeiten und Länder, dass es schwer hält, den Glauben an soetwas ganz aufzugeben. Indess auch hier die alte fatale Geschichte: man kommt immer zu spät. Sie waren früher so häufig, jetzt bleiben sie aus und cs spricht nicht zu ihren Gunsten, dass sie uns an Stellen im Stich lassen, die den Charakter des Ursumpfs am treuesten bewahrt haben. Ich selbst habe ausserordentlich viel im Freien gelebt, muss aber bekennen ebensowenig je ein Irrlicht erblickt zu haben (denn Leuchten, welche es zu sein schienen, offenbarten sich zuletzt immer als Fuhrmannslaternen) wie Herr von Schulenburg, der ihrethalben nachts stundenlang an verrufener Stätte auf dem Anstand zugebracht hat; oder wie Ludwig Steub, der berühmte Tyroler Alpenwanderer. Letzterer erzählt, allerdings nur von Hörensagen, von einem Oberförster auf dem Donaumoose unweit München, welcher bei sich Gesellschaft auf Irrlichter, zur Zeit wo sie besonders häufig, und auf gutes Getränk einzuladen gewohnt war. Ich kenne aus dem Kreise der Berliner Naturforscher nur einen, welcher sich rühmen darf, im Luch des Havellandes bei Nauen einmal ein seiner Ansicht nach unläugbarcs