Heft 
(1896) 4
Seite
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Carl Bolle, Wendische Dämonen.

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Seihst ein Name, den wir als Synonym des Czernebog öfter im Munde fuhren und der uns auf der Höhe unserer Bildungsstufe mehr in traulich- humorvoller als ernst bedrohlicher Weise anspricht, der Name desDeibels scheint dem wendischen Dahol nachgebildet zu sein. Bekanntlich lautet das Teufelsynonym im llattdentschen anders, Düwel.

Mit dem was wir brachten, sind die Dämonengestalten lange nicht erschöpft, nur die prägnantesten unter ihnen konnten hervorgehoben werden. Geben wir schliesslich von den noch übrigen, wenn auch nicht von ihrer Gesammtheit, wenigstens einige Namen.

Lang ist der Zug, der sich vor unseren Augen entrollt. Die Gestalten, welche ihn bilden, tragen wunderliche Gesichter. Sie hüllen sich nicht in lurpur oder Seide, denn, vergessen wir nicht, es war ein Bauernvolk, das ihre Formen meisselte und ihr Andenken wach erhält. Soviel Trubel zu entschuldigen, ilm aber nicht allzusehr zu mehren, machen war uns das von Gregorovius zitierte alte Wort zu eigen: Multum scribendum esset, quod omitto in ealamo.

An der Spitze des Zuges schreitet die Dziwiza, die Diana der West­slaven, die Wildgöttin, die Jägerin. Ihrer gedenkt man im Spreewaldo nicht mehr. Vielleicht war sie eine zu aristokratische Erscheinung für den schlichten Ackersmann, vielleicht auch erinnerte sie allzusehr an die feudale Edcldame mit dem Falken auf dem Handschuh. Ländliche Phantome folgen ihr und versetzen uns mitten unter jene zahlreichen DU minonm gentium der antiken Welt, die bei Griechen und Römern alle Alltäglichkeiten des Lebens im Rosenschimmer verklärten, während Numa diese kleinen Gottheiten als numina terrestria familiemveis ordnete.

Die Gibanje, ein kleines mehlbestäubtes Weiblein hilft der Wirtin beim Backen und je nach ihrer Laune gerät der Kuchen gut oder schlecht. Der Hgry Zed oder graue Mann symbolisiert den Reiffrost. Es schreiten ferner einher der Herpel oder Serp, die Kunkawa, der Bubak, weisse und schwarze Männer.

Die Namen laufen wirr und regellos durcheinander. Wie der grüne Jäger-Frosch mit dem Nix, berührt sich ein Vogel, der Wachtelkönig mit dem Schotengespenst. Die Unke, der Schlangenkönig, die Ploniza, lassen in ungewisser Grenzlinie Reptil und Baum mit Dämonischem sich zusammen- fügon.

Die Murawa ist der Alp, der als Nachtgespenst sich dem Schläfer auf die Brust legt, das ein Kluger fangen und bannen kann.

Schirman und Schirawa sind zottige, graue Waldmenschen, die sich am Feuer der Hütejungen Frösche und Kröten braten.

Lang bleibt noch immer die Reihe. Da erscheinen, wenn auch zum teil schon ausserhalb des Spreewalds, der Djas, der Kobod, die Marava, die Mirlata oder Mirlawa, von der niemand weiss w t o sie wohnt, der also Schillers Mädchen aus der Fremde analog ist; die Smerkawa, in der Dämmer­stunde mächtig, die Emotka oder Schlummergöttin der Mädchen, der Ilerman, Einschläferer der Männer.

Da hören wir, nicht am wenigsten gruselicli, das Hufklappern jener zuletzt von Herrn von Schulenburg entdeckten und erörterten Draben oder

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