Heft 
(1896) 4
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0. (ö. ausserordl.) Versammlung des IV. Vereinsjahres.

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erforderte die Unterhaltung der Forsten, von denen holländische Zeitun­gen meldeten: der König habe so viel Land dazu genommen, als mancher kleine Fürst- in Deutschland kaum besitze, ungeheure Summen.

Lei der bekannten Genauigkeit des sonst so haushälterischen Mo­narchen, die sich seit dem Regierungsantritt desselben auf den gesamten Hofstaat erstreckte, mag abgesehen noch von den recht bedeutenden Ausgaben, welche die Anwerbungen grosser Rekruten für die Potsdamer liiesengarde erforderten die Aufwendung so bedeutender Summen für seine dagdlieldiaberei befremdlich erscheinen; aber auch hierbei zeigte sich Friedrich Wilhelm I. von der praktischen Seite. Der Verkauf des zahlreich erlegten Wildes musste jene Summen wenigstens teilweise wieder decken. Die wilden Schweine wurden den Beamten und bemittelten Bürgern der Re­sidenz, gegen Zahlung von 36 Thalern für jedes Stück, ins Haus gebracht und niemand hätte es gewagt, die Annahme zu verweigern. Am schlimm­sten hatte die Judenschaft darunter zu leiden, denn sie durfte das Fleisch nicht verkaufen, sondern musste es den Armenanstalten überliefern.

Höchst, lebendig und anregend gestaltete sich die abendliche Unter­haltung in dem berühmt gewordenenTabaks-Kollegium, das sich auch im Wusterhausener Schlosse versammelte. Meist aus den beliebtesten Generalen des Königs bestehend, wurden doch auch Bürgerliche ein­geladen, zu denen der dortige Schulmeister ebenfalls gehörte. Er war in der Achtung Friedrich Wilhelms gestiegen, weil er strenge Zucht in der Schule aufrecht erhielt. Einst soll der König, der mit einem derben Scherz nicht zurückhielt, die ihm begegnende Schuljugend auf­gefordert haben, gegen eine Belohnung auszurufen:Unser Schulmeister ist ein Esel! Dazu aber waren die Jungen nicht zu bewegen; sie behaupteten, ihrem Schulmeister mehr gehorchen zu müssen, als dem König, vor dem sie auch weniger Furcht hätten.

Noch steht in dem Zimmer desTabaks-Kollegiums der alte Eichenholztisch, über dem dasLeuchterweibchen zwischen dem riesigen Hirschgeweih schwebt, während in den Wandnischen die alten Bierkrüge in stattlicher Anzahl aufgestellt sind, und unter den Bildnissen, die von den Wänden herabschauen, befindet sich wohl manches, das Friedrich Wilhelmin tormentis pinxit. Ein grosses allegorisches Gemälde von eines nicht genannten Künstlers Hand stellt hier denwissenschaftlichen Hofnarren und stetigen Gast in dem mehrerwähnten Kollegium, Johann Paul Gundliug, in Lebensgrösse dar. Seine Gattin (zur Linken des Beschauers) hält ihm einen Papagei entgegen; zu seinen Füssen sitzen ein Igel und Jlase, letzterer vor einem aufgeschlagenen Folianten mit dem Titelblatte der von Gundling verfasstenGeschichte der Mark Brandenburg, die er inmitten seines damaligen w üsten Lebens geschrieben hatte. Schliesslich fehlt auf dein Bilde auch die Darstellung des Affen nicht, den Gundling in einer Sitzung des Tabakskollegiums, trotz seines

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