7. (ß. ausserordl.) Versammlung cles IV. Vereinsjahres.
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Aus diesem Grunde allein schon ist es undenkbar, dass das Gerippe des Menschen von Neu-Britz, wenn er auch iin archäologischen Sinne als vorgeschichtlich bezeichnet werden mag, dem in der Nähe gefundenen Klefantenknochen als gleichaltrig oder überhaupt als diluvial gelten könne.
Der Schädel nach den Feststellungen von Herrn Kustos Buchholz misst, auf die Virchowsche Horizontale gebracht, in grösster wagerechter Bange 175 mm, in grösster horizontaler Breite 160 mm. Das ergiebt einen Bängen-Breiten-Index von 91J; der Schädel ist also hervorragend kurzköpfig (hnichycephal). Die Breite zwischen den Schläfenbeinfortsätzen 125 mm, die Stirnbreite 100 min, der Horizontal-Uinfang 530 mm. Die Distanz der Unterkieferschenkel 100 mm. Der Schädel macht alles in allem den Eindruck, dass er einem grossen kräftig gebauten wendischen Manne angehört hat. Die Zähne des Unterkiefers auf der linken Seite waren bei der Auffindung leicht grünlich gefärbt; es ist das noch, wenn auch nicht mehr so deutlich wie zuvor, ersichtlich, und zieht sich eine hellgrünliche Färbung bis 'in das Periosteum des Ivinn- beins hinein. Diese Färbung scheint durch Silberoxyd entstanden zu sein und rührt höchst wahrscheinlich von einer kleinen Silbermünze, vielleicht einem sogenannten Wendenpfennig oder einem sonstigen Geldstück, her, wie man es namentlich in unseren slavischen Gegenden dem Toten als Fährpfennig zur Keiso in die Unterwelt mitgab. Die Sitte ist noch hie und da jetzt im Gebrauch, so erwähnte mir unser Mitglied Herr Wilhelm Schwartz, wie ihm in diesem Monat zu Lauterberg im Harz erzählt sei, dass man in der Gegend noch jetzt dem Toten eine Münze in den Mund oder in die Hand stecke mit den Worten „hier hast du das Fährgeld, lass uns das Nährgeld.“*) Dieser Umstand macht es nicht unwahrscheinlich, dass das Gerippe der letzten heidnisch-sla- vischen Zeit, etwa dem 11. oder 12. Jahrhundert angehört. Immerhin ist dies schon ein ansehnliches Alter und das Skelett, so viel mir erinnerlich, das einzige aus jener Zeit im Teltower Kreise, welches so nahe bei Berlin entdeckt worden ist.**)
Ich muss nun weiter den Punkt der angeblichen Ungestörtheit des Bodens (geologisch gesj»rochen „des unverritzten Gebirges“) berühren,
*) Um zu verhüten, dass der Tote als Nachzehrer wiederkommt und die Familie sowie die Habe nach sich ins Grab zieht. — An eine Kupfer- oder Bronze-Münze glaube ich bei dem Neu-Britzer Gerippe deshalb nicht, weil der Grünspahn von Kupfer oder Bronze eine dunklere, Silber dagegen nur eine hellere Färbung auf dem Zahnschmelz und der Knochenhaut, nach meiner Frfahrung, zu hinterlassen pflegt.
**) Mehrere wendische Skelette habe ich in den siebziger Jahren in einem Sandhügel bei Jlankels Ablage an der Dahme ausgegraben; die betr. Funde befinden sieh im Miirk. Museum. Diese und ähnliche Funde sind aber bereits aus einem entfernteren Umkreis Berlins.