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7. (6. ausserordl.) Versammlung des IV. Vereinsjahres.
in welcher das Xeu-Britzer Gerippe gelegen haben soll. Man wolle sieh über die vermeintlich ungestörte Lagerung der Schichten, in denen Ausgrabungsfunde gemacht sein sollen, eine Ansicht, die in ähnlichen Skelettfundfällen von Laien mit Vorliebe ungezählte Male aufgestollt worden ist und es immer wieder werden wird, keiner Selbsttäuschung, die sehr nahe liegt, hingeben. Man stelle sich vor, dass der Leichnam, wie ich nach der Lagerung desselben scldiessen muss, hier förmlich bestattet sei. Um dies zu bewirken, musste eine Grube geworfen werden, dabei kamen selbstredend die obersten Schichten zu unterst und dann so weiter die nächstfolgenden, schliesslich ilie obersten zu unterst zu liegen. Als die Gruft wieder zugeschiittet wurde, geschah dies in umgekehrter Folge und sonnt wurde die ursprüngliche Schichtung des Bodens wieder hergestellt. Erddruck und Sickerwasser tlmn im Lauf der .Jahrhunderte dann das übrige; ja es bedarf, wie dies die Beobachtung bei Aufgrabungen in alten Kirchhöfen lehrt, gar nicht so langer Zeit, um eine Ausgleichung des den Leichnam umgebenden und iilter- deekenden aufgegraben gewesenen Bodens der Art, dass ihn auch das schärfste Auge nicht mehr von wirklich ungestörtem N'achbarboden zu unterscheiden im Stande ist, wiederherzustellen. Denken wir uns statt Sand, Kies und Grand andere Bodenarten, wie Mergel, Lehm, Thon, Schlick als Bestattungsboden, so vollzieht sich die Ausgleichung des zwecks Beisetzung der Leichname, gleichviel ob diese in Särgen lagen oder nicht, noch viel schneller. Fanschlämmen durch Sickerwasser, natürlicher Druck besorgen auch hier die Amalgamierung und Ausgleichung des aufgewühlten mit dem unversehrten Boden auf das gründlichste.*)
*) Auf (lern Gilt Neukammer bei Nauen, Kreis Osthnvelland, sind im Mittelalter Mönche bestattet worden. Hei Abgrabungen kommen die Gruftstellen im Boden der letztgedachten Art zum Vorschein; hätten nicht schwache bräunliche Stellen die Orte, wo die fast ganz vermoderten Leichname beigesetzt waren, verraten, so würde ich nie auf die Idee gekommen sein, dass der Boden hier vor Jahrhunderten an vielen Stellen mehrere Fuss aufgegraben sein musste Kr machte durchaus im ganzen den Kindnick, als sei er niemals von Menschenhand in der Tiefe berührt worden — Ähnlich habe ich gesehen, dass der Boden sich auf dem ehemaligen Städtischen Friedhof zu Berlin an der Friedensstrasse zwischen l’ufendorf- und Diestelmeyer Strasse ungefähr da, wo die 4. Realschule und die Auferstelmngs- kirche stehen, verhielt, als hier vor einigen Jahren auf meine Veranlassung viele Hunderte von eingesargten Leichen wieder ausgegraben wurden, deren älteste in dem Cholera-Jahr 1831 beerdigt worden sind. Obwohl hier nur 40 bis 60 Jahre nach den Bestattungen vergangen waren und der Grund und Boden aus verschiedenem geologischem Material, teils Geschiebemergel, teils aufgelagerten Bänken von Grand, Kies und Sand, zusammengesetzt war, zeigte auch hier im Proiil der über den Särgen aufgegraben gewesene Boden von dem unberührt gebliebenen Nachbarboden keine Unterschiede; es hatten wenige Jahrzehnte vielmehr genügt, um für das Auge eine völlige Ausgleichung wieder eintreten zu lassen.