Issue 
(1896) 4
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7. (ß. ausserordl.) Versammlung des IV. Vereinsjahres.

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Obgleich einzelne Gelehrte, wie Jap. Steenstrup, noch immer das Zusammenleben des Menschen mit der sog. Mammuthfauna bezweifeln, gilt den meisten dieses Zusammenleben als hinreichend sicher nachgewiesen. Ks fragt sich nun aber, ob der Mensch nicht schon vor der Mammuthzeit den Boden Kuropas und speziell Mitteleuropas bewohnt hat. Wir kennen aus der älteren Diluvialzeit Mitteleuropas eine Säugetierfauna, welche haupt­sächlich durch Elephas antiquus, Rhinoceros Merckii, Sus antiqui Pohl., Castor antiqui Pohl., Felis antiqua Cuv. repräsentiert wird. Pohlig bezeichnet diese Stufe (Antiquus-Stufe) als mittelpleistocän; es spricht aber manches dafUr, dass sie der ersten (älteren) Interglazialzeit angehört. Jedenfalls ist sie älter als die sog. Mammuthfauna; sie geht dieser voran.*) Wir kennen jene Fauna namentlich aus den thüringischen Travertinen von Taubach, Weimar, Mühlhausen und Tennstedt. Diese Travertine haben nicht nur Säugetier-Reste, sondern auch Reste einiger anderer Wirbeltiere und zahl­reicher Conchylien-Arten geliefert; ausserdem sind viele Pflanzenreste aus denselben nachgewiesen worden, so dass wir uns ein ziemlich vollständiges Bild von der Fauna und Flora der betreffenden Epoche der Vorzeit machen können. Das Klima derselben muss verhältnismässig milde gewesen sein, mindestens so milde, wie unser heutiges Klima, wahrscheinlich noch etwas milder. Jedenfalls war es kein glaziales Klima; es liegen zahlreiche Gründe vor, dasselbe als intcrglazial zu betrachten.

Hei Taubach (nahe Weimar) hat man in der altdiluvialen Traver­tinschicht bereits Holzkohlen und Asche, angebrannte und zerbrochene Tierknochen, bearbeitete Feuersteine pp. gefunden, nunmehr auch als sicher den vorderen Milch-Backenzahn aus dem linken Unterkiefer eines etwa neunjährigen Kindes.

Dergleichen menschliche Klein-Reste wird man bei uns, wo dilu­viale 'Tafte und Travertine, wenn überhaupt, nur spärlich vorhanden sind, schwerlich erwarten können. Auch Asche und Holzkohle wird sich in den knochenführenden Kies- pp. Lagern bei uns nicht nachweisen lassen. Nur in alten Torflagern oder den sie begleitenden Schlick- und Moor-Niederschlägen, ähnlich den Ablagerungen bei dem durch Nehring berühmt gewordenen Klinge wird man allenfalls auf Überreste des Diluvialmenschen selbst bei zufällig günstiger Gelegenheit rechnen können. Wie spärlich sind aber dergl. Gelegenheiten, da sie nur hie u nd da einmal beim Bergbau, beim Ziegelerdegraben, bei Tiefbauten geboten werden und wie selten sind Kenner zur Hand, um die gebotenen Aufschlüsse mit Müsse würdigen zu können.**)

*) Ich habe bereits darauf aufmerksam gemacht, dass Elephas antiquus in unseren märkischen Ablagerungen, speziell bei Rixdorf, vorkommt und dass auch ich diesen Elefanten nicht als Zeitgenossen, vielmehr als einen Vorgänger des Mammuths halte. Das Klima zur Zeit als E. antiquus lebte, ist wärmer als das der Mammuth- periode gewesen. E. Fr.

**) Lyell u, a. machen auch hier wieder, wo es sich um die Erhaltung von Skeletten oder Skelettteilen im Wasser, im Sumpf, im Moor handelt, darauf aufmerksam,

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