7. (6. ausserordl.) Versammlung des IV. Vereinsjahres'. p71
Flugsandes habe ich unwiderleglich beispielsweise auf der Sandfläche des hiesigen Exerzierplatzes zur Einsamen Pappel nahe der Schönhauser Allee gesehen, wo zerschlagene Flaschen, die mit aus dem vorigen Jahrhundert datierenden Fabrikstempeln märkischer Glashütten versehen waren, an den Bruchflächeu derartig durch den Sandflug matt und sanft geschliffen waren, dass man damit nicht mehr schneiden konnte. Dergleichen bewirkt also, unter relativ „zahmen“ Verhältnissen, der Flugsand noch jetzt in wenigen Jahrzehnten an überaus harten Gegenständen. Ich habe ferner dergleichen Objekte aus unseren Bächen, Flüssen und grossen Landseen gesammelt, wo Wasserströmung und Sand in ähnlicher Weise arbeiten und auch hier eine analoge deformierende Wirkung an hartem Glas und Gestein bewirken.*) Zieht man diese trocknen und wässerigen Einwirkungen, daneben noch die Einwirkung von Frost und Hitze und chemische Veränderungen in betracht und erwägt man, dass diese Einflüsse ungezählte Jahrtausende während der Quartärzeit bei uns vorgeherrscht haben, so können Artefakte des Menschen aus der letzteren, seien sie nun von Stein oder Bein, wenn überhaupt in jenen knochenführonden Schichten vorhanden, nicht anders als in stark entstelltem, schwer nachweisbarem Zustande erwartet werden.**)
Ich kann mir zum Schluss nicht versagen, die hierher gehörige geistvolle Betrachtung Penck’s zu wiederholen.
„Die Gletscher gehen nicht so spurlos über das Land hin, wie vielfach angenommen wird. Sie sind zweifellos mit einer kräftigen erodierenden Wirkung ausgestattet, welche ihnen ermöglicht, namentlich lockere Schichten gänzlich zu entfernen,***) interglaziale Schichten müssen daher sehr leicht den zerstörenden Wirkungen der Gletscher zum Opfer fallen.“ — —
*) Nebenbei bemerke ich, dass ich am Meer (Ostsee, Nordsee, Atlantischen Ocean, Adriatischen Meer, Mittelmeer) ähnüehe Erscheinungen durch Wellenschlag und Sand bewirkt an harten Artefakten, Steinen, Muscheln u. dgl. bemerkt und gesammelt habe. Dies nur nebenher, da in der Provinz Brandenburg während der Diluvialzeit Meereseinflüsse nicht eingewirkt haben.
**) Auf der Höhe des Roten Cliffs von Sylt habe ich Steinbeile und Steinmesser der neolithischen Periode (Jungsteinzeit) derartig durch Sandflug deformiert gefunden, dass nur das geübteste Auge des Archaeologen sie als menschliche Erzeugnisse erkennen konnte.
***) So wird die dunklere Färbung des untern Diluvialmergels, die grauschwärzlich von der des obem lederbraunen Mergels an vielen Orten ganz augenscheinlich absticht, damit in Verbindung gebracht, dass bei der ersten Vereisung und Abschmelzung die miocänen Braunkohlenlager zerstört, verrieben und gleich einem Farbestoff dem Moränenlehm beigemengt worden sind. Das nur sporadische Auftreten autochtlioner Braunkohlenwälder ähnlich den in unserer „Brandenburgs“ erörterten Braunkohlenwäldern von Gross-Raschen sowie umgekehrt der Umstand, dass die meisten Braunkohlenlager als rein sedimentäre Flötze sich an zweiter Lagerstätte vorfinden, wird hiermit in Verbindung gebracht. Wie all dergl. Theorien sofort Gegnerschaft erwecken, so ist neuerdings die geschilderte Entstehung jener Färbung von gewissen Seiten
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