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7. (6. ausserordl.) Versammlung des IV. Vereinsjahres.
„So wahrscheinlich nun auch die Annahme ist, dass dieser eiszeitliche Mensch als VorlHufer schon einen präglazinlen, vielleicht tcrtiilren gehabt hat, so fehlen dieser Annahme bislang noch die thatsiichlichcn Stützen. Freilich, je weiter der Ursprung des Menschengeschlechts in das Dunkel der Vergangenheit verfolgt wird, um so seltener müssen seine Spuren werden und somit auch die Gelegenheiten, seine Existenz nachzuweisen. Der Boden, auf welchem das menschliche Dasein sich abspielt, ist steten Vcrllnderungcn unterworfen. Unablilssig nagen die Gewässer daran, ihn abzutragen, und vernichten so die Spuren alles auf ihm befindlich gewesenen Lebens. In je 10000 Jahren wird das Land im Mittel um ein Meter denudiert, und die Stätten, auf welchen einst der prueglaziale oder tertiäre Mensch gehaust haben mögen, liegen hoch Uber der jetzigen Oberfläche des Landes in der Luft. Nur da wo anhüufende Thä- tigkeiten stattgefunden haben, wo anstatt der Denudation Sedimentation erfolgte, konnten sich Beste von Landbewohnern, von Menschen erhalten. Aber das feste Land ist nur ausnahmsweise ein Gebiet der Schichtbildung, gemeinhin ist cs ein Zerstörungsfeld. Nur periodisch tritt auch auf ihm eine reichliche Ablagerung von Material ein. Das (Quartär ist eine solche Anhäufungsperiode gewesen, Gletscher bewegten vielerlei Gestein, erodierten es hier und lagerten es dort wieder ab, die Flüsse begannen ihre Betten mit Geröll aufzuschütten, und zugleich erfolgte die Lösbildung auf dem Lande. Das alles war nur ein vorübergehendes Ereignis, ein vorübergehender Eingriff in die europäische Geschichte, aber diesem Ereignisse ist die Aufbewahrung von Kesten des Urmenschen zu danken. Sollte auch in nächster Zeit noch wie bislang das Quartär mehr und mehr Reste des palaeolithischen Menschen liefern, während das Tertiär keine sicheren Spuren desselben ergiebt, so dürfte dies zum Teil die Folge des eben berührten Umstandes sein, dass während des Quartärs eine reichliche Sedimentation auf dem Lande erfolgte, was wohl schwerlich auch während der Tertiärzeit geschah, wozu kommt, dass ausserdem die Wohnsitze des vielleicht vorhanden gewesenen Tertiärmenschen entweder längst vernichtet, oder durch die Moorbedeckung der Untersuchung entzogen sind.“* *)
wieder bestritten worden, ja manche wollen von jenem Färbungsunterschied des obem und untern Moränenmergels nichts wissen, obwohl doch z. B. der Kreuzberg und der Tempelhofer Berg unweit der Bockbrauerei jene erhebliche Färbungsverschiedenheit für jeden der sehen will, deutlich "zeigen.
•) Den Tertiär-Menschen anlangend, so müssen die von Abb6 Bourgeois in der Gemeinde Thönay, Departement Loir - et • Cher, gefundenen Kiesel - Artefakte stratigraphisch einer erneuten Revision unterzogen werden. Auf dem Brüsseler Anthropologen-Kongress 1872 haben sich Worsaae, d'Omalius, Capellini, Mor- titlet u. a. für, der unermüdliche „Bekämpfer des Mammuth-Menschen" Japetus Steenstrup, Fraas, Desor und Virchow gegen die menschliche Einwirkung auf diese Kiesel ausgesprochen, wobei vorneweg zu bemerken, dass verwandtes Material auch den hervorragendsten der Gegner damals nur in unzulänglicher Weise bekannt war. M. de Quatrefages, der sich reserviert verhielt, hat sich inzwischen in seinem Buch „Das Menschengeschlecht“ 1879 Bd. I. S. 178 für Bourgeois ausgesprochen. In der Tbat ist seitdem von Herrn Bourgeois eine Menge neues überzeugendes Ma-