Heft 
(1896) 4
Seite
192
Einzelbild herunterladen

192

, 8. (7. ausserordl.) Versammlung des IV. Vereinsjahres.

An dem Langhaus hat Meister Schinkel, wenn wir von dem Dachstuhl absehen, nichts Wesentliches geändert. Es enthält gewiss Überreste von sehr hohem Alter, die dem vierzehnten, vielleicht sogar dem dreizehnten Jahrhundert angeboren dürften. Auf dieses hohe Alter deuten auch die interessanten Verzierungen der Tragesteine des Gewölbes, welche menschliche Köpfe darstellen. Diese dekorative Plastik ist mit dem Spartel sauber aus Thon geschnitten. Interessant ist die Wetterfahne, der Stralauer Kirche; sie zeigt neben dem patronatlichen Berliner Wappentiere

die Zahlen

17

33

welche jedenfalls die Jahreszahl 1733 bedeuten sollen.

Diese

Wetterfahne stammt noch von dem früliren Turm der Kirche, welcher später wegen Baufälligkeit abgetragen werden musste. An der Südseite des Kirchleins meldet der älteste vorhandene Grabstein aus dem Jahre 1795, dass hier Charlotte Nusch nach langem unverdienten Leiden ruht. Obwohl, wie schon in dem Friedelschen Bericht erwähnt, hier die Särge vielfach übereinander liegen, wird noch immer auf dem engen roman­tischen Begräbuisplatz beerdigt, der wirklich nocli der Hof der Kirche, ein Kirchhof im ältesten und eigentlichsten Sinne des Wortes ist. Ob dies im gesundheitlichen Sinne Nachteile herbeizuführen geeignet erscheint, mag dahin stehen, jedenfalls haben in den letzten Jahren weit kleinere und ärmere Dorfgemeinden auf das Beerdigen mitten im Dorf um die Kirche herum verzichtet und sich ausserhalb der bebauten Teile der Dorflage neue Gottesäcker geschaffen.

Einen Ruf, der weit über die Grenzen Berlins hinausgeht, hat Stralau durch den Stralauer Fischzug erlangt. Der Ursprung dieses Volksfestes ist zweifelhaft und lässt sich nicht durch Urkunden belegen. Auf die wendische Zeit ist das Fest jedoch ebenso wenig zurückzuführen, wie inan dasselbe mit einer Pflichtleistung der Stralauer Fischer gegen­über dem Berliner Magistrat in Verbindung bringen darf. Nach Fidicin, der sich sehr eingehend mit Stralau beschäftigt hat, ist dieser Fischzug am 24. August, dem Bartholomäustage, von einer kurfürstlichen Ver­ordnung des Jahres 1574 abzuleiten, die 1690 bestätigt worden ist. Diese Verordnung des Kurfürsten Johann Georg vom 23. Februar 1574 bestimmt, dass vom Gründonnerstag bis zum Bartholomäustage (24. August) nicht gefischt werden dürfe. Es ist eine sehr nahe liegende Erklärung, dass die Fischer nach Ablauf dieser Schonzeit den ersten Fischzug in besonders feierlichen Formen vollzogen.

Nach dieser Erklärung ist der Stralauer Fischzug somit ein Fest der Freude über die Beendigung der Schonzeit im Fischfang. Es hat jedoch noch eine andere Auffassung viel für sich, nämlich die, dass er schon vor der Fischerei-Ordnung Johann Georgs ein Teil eines Kirch­weihfestes gewesen ist. Der 24. August ist der Tag des heiligen Bartholomäus, der neben Petrus als der Patron der Fischer-Gemeinden