9. (1. üffeutl.) Versammlung des IV. Vereinsjahres.
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tane, ein geborener Neu-Ruppiner, sagt u. a.: „Lange bevor die erste illustrierte Zeitung in die Welt ging, illustrierte der Kühn'sche Bilderbogen die Tagesgeschichte und, was die Hauptsache war, die Illustration hinkte nicht langsam nach, sondern folgte den Ereignissen auf dem Fusse. Kaum, dass die Trancheen vor Antwerpen (im Jahre 1830) eröffnet waren, so flogen in den Druck- und Kolorierstuben zu Neu-Ruppin die Bomben und Granaten durch die Luft: kaum war Paskiewitsch in Warschau eingezogen, so breitete sich das Schlachtfeld von Ostrolenka mit grünen Uniformen und polnischen Pelzmützen vor dem erstaunten Blick der Menge aus. In jedem Augenblick klar zu erkennen, was obenauf schwimmt, was das eigentlichste Tagesinteresse bildet, das war unausgesetzt und durch viele Jahrzehnte hin Prinzip und Aufgabe in der Ruppiner Offizin. Und diese Aufgabe ist glänzend von ihr gelöst worden, so glänzend, dass ich Personen mit sichtlichem Interesse vor diesen Bildern habe verweilen sehen, die vor der künstlerischen Leistung, wenn dieselbe als solche an sie herangetreten wäre, einen unaffektierten Schauder empfunden haben würden; aber die Macht des Stoffes bewährte sich siegreich an ihnen.“
Der Redner ging nun auf einzelne der Bilderbogen, unter Vorzeigung derselben, näher ein. So sind u. a. auf einem die Entwickelungen der Dinge nach den Siegen bei Düppel und Alsen dargestellt. Unter dem Bilde John Bulls, der mit seinen guten Ratschlägen erscheint, heisst es: „Ein John Bull kramt englische Brocken aus“, doch Wilhelm sagt: »Für Dich bin ich nicht zu Haus.“ Und zum Schluss der Bilderreihe heisst es: „0 König, willst Du Deinen Soldaten und Deinem Volk gefallen — So lass Deinen Adler festhalten, was er einmal hat in den Krallen.“ Als der österreichische Krieg begann, zog der Bilderbogen mit hinaus auf die böhmischen Schlachtfelder, wie er nachher im französischen Kriege (nach Kühn’s Angabe) etwa 3 Millionen Exemplare mobil machte, um der Welt die Thaten der deutschen Armeen zu verkünden. Damit schloss der Redner seinen Vortrag, dem Schilderungen und Ausführungen im einzelnen ein ganz besonderes Interesse verliehen.
Ausgelegt waren eine stattliche Anzahl einschlägiger Illustrationen und Schöndrucke der Firma Kühn, sowie der von Oehmigke & Riem- schneider.
10. Der 2. Vorsitzende, Herr E. Friedel, legt im Anschluss an den Schwartz’schen Vortrag eine grosse Anzahl von Kunstdrucken (meist kolorierten Bilderbogen) der beiden grossen Firmen Gustav Kühn bezw. Oehmigke & Riemschneid e r ( Inhaber Gebrüder Mootz) zu Neu-Ruppin aus den Sammlungen des Märkischen Museums vor. Besonderes Interesse erregt ein von der erst genannten Firma zusammengestelltes Album, welches zum Jubiläum der ersteren Firma im Jahre 1875 herausgegeben wurde und Bilderbogen aus den Jahren 1775 bis 1875