Heft 
(1896) 4
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0. (1. fiftentl.) Versammlung des IV. Vereinsjalires.

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aufwirft, dass mau gleich mitja odernein Stellung nimmt, um alsdann blos die Beweise für seine persönliche Auffassung vorzu­bringen Beweise, die gar manchmal weiter nichts als dialektische Kunststücke sind. Diesen bequemen Weg lassen Sie mich nicht ein- schlagen. Vielmehr will ich vor Ihnen einen Rückblick thun auf das künstlerische Leben dieser Provinz in den verschiedenen Zeiten, ganz chronologisch, aber nur andeutend die verschiedenen interessanten Phasen der heimischen Kunstentwickelung, um Ihnen selbst zu überlassen, die Details in den Büchern unserer märkischen Forscher und Schriftsteller nachzulesen, die Ihnen zum Teil ja persönlich bekannt sind als Leiter und als Ehrenmitglieder unserer Gesellschaft.

Ich führe Sie zuerst natürlich ins ferne Mittelalter, bitte Sie, an die ältesten Bauwerke, die Timen in den entlegenen Ortschaften der Mark einmal begegnet sind, zu denken. Da sahen Sie ein noch sprödes, unschönes Baumaterial, Granit, von erratischen Blöcken losgeschlagen. Das Mauerwerk erhob sich vor Ihnen rauh, fast schmucklos, die eigent­liche Kunst hatte noch keinen Anteil daran. Und sie hatte auch noch wenig Anteil an dem frühesten märkischen Ziegelbau, von dem man annimmt, er sei durch holländische Kolonisten im 12. Jahrhundert ein­geführt worden. Ich muss gestehen, ich habe immer mit einem gewissen Misstrauen an die Quelle dieser alten Tradition gedacht, ganz einfach deshalb, weil mir in Holland selbst kein einziger Backsteinbau aus so früher Zeit bekannt ist. Seit jener Zeit aber fing man in der Mark an, die Gotteshäuser nach einem reicheren Plane zu bauen, wie die statt­liche dreischiffige Klosterkirche zu Jerichow (11491159) beweist, die sogar eine Doppelturmanlage erhielt.

Es folgten darauf der gleichfalls romanische Dom zu Branden­burg, die Klosterkirchen zu Dobrilugk und Lehnin, der Stendaler Dom, schon aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, u. a. namhafte Monumente, die zwar die Baukunst um neue Formen nicht bereicherten, aber in der Geschichte der mittelalterlichen Architektur doch einen gewissen Klang haben . . . Das 14. Jahrhundert bedeutete für unsere Mark die Höhezeit des gotischen Backsteinbaues: Grundriss und Aufbau damaliger Kirchen beweisen, dass diese von intelligenten und technisch hochstehenden Meistern geschaffen wurden.

Bergau, der Verfasser der Kunsttopographie unserer Provinz, entwirft das folgende Bild von den kirchlichen Hauptschöpfungen jenes Jahrhunderts: Ihre Plandisposition ist eine sehr regelmässige. Das dreischilfige Langhaus ist anfangs noch in der Form der Basilika, später in sog. Hallenform ausgeführt worden. Die Deckengewölbe anfangs Kreuz- später Sterngewölbe ruhen auf Rundsäulen oder achteckigen Pfeilern . . . Der Aufbau ist einfach und stets von edelsten schlanken Verhältnissen. Die ganzen Gebäude zeichnen sich vor älteren

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