Heft 
(1896) 4
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0.(1. öffentl) Versammlung iles IV. Vereinsjahres.

und jüngeren ähnlicher Art durch Einfachheit und Harmonie aller Einzelteile aus . . .

Das 15. Jahrhundert überbot in seiner regen ßauthätigkeit noch das voraufgegangene. Viele Kirchen wurden erweitert, Kapellen, Klöster gestiftet oder neu ausgeschinückt. Gleichzeitig gab man hier und dort den Rathäusern, auch manchen Gebäuden verschiedener Korporationen eiue Umgestaltung, die dem Wachstum und dem kommunalen Rang der betreffenden Städte angemessen erschien. Nicht zu vergessen die neuen Thorbauten jener Zeit, durch welche die alten Festungen eine schönere Physiognomie erhielten. Die wohlhabendsten Bürger Hessen sich damals nachgewiesenermassen schon massive Wohnhäuser errichten . . .

In den allgemeinen Niedergang der gotischen Bauweise gegen Ende des Mittelalters wurde natürlich auch die Mark hineingerissen. Denn da man bei uns künstlerisch nach wie vor aus zweiter Hand empling, so nahm man von derselben Seite das Schlechte auf, von der man früher das Gute bekommen ...

Übler als der Baukünstler, der doch wenigstens im Backstein ein brauchbares Material besass, befand sich ehemals bei uns der Bildhauer. Was da vor dem 15. Jahrhundert in den märkischen Kirchen an Stein­skulpturen entstand, ist doch kaum der Rede wert, beschränkt sich auch auf meist untergeordnete feile des inneren Ausbaues . . . Erst darauf lernen wir selbstständige bildnerische Werke kennen: Statuen von Heiligen, Altäre, Kanzeln, Taufbecken. Neben der gemeisselten Plastik und der Holzschnitzerei kommen jetzt auch aus Thon geformte Bild­werke aller Art vor z. B. in der Katharinenkirche in Brandenburg.

Und endlich die Malerei. Sie tritt hier im Mittelalter wohl aus­schliesslich zu dekorativen Zwecken auf, zur farbigen Belebung und Schmückung an den Wänden und den Deeken der alten Gotteshäuser, ln der Mehrzahl der heutigen Reste nur um solche handelt es sich leider erscheint die Ausführung ziemlich primitiv, beschränkt sich auf rohere Umrisse, die durch einzelne Lokalfarben und spärliche Schattierung einen Schein des natürlichen Bebens erhalten . . . Schwer ist es namentlich, über die Urheber dieser märkischen Mauergemälde eine Vermutung auszusprechen, weil die Urkunden und alten Chroniken darüber schweigen. Vielleicht waren es fremde Maler, die man ins Land gerufen. Vielleicht aber gab es auch bei uns genügend betrieb­same Malerwerkstätten, die in der Lage waren, den heimischen Bedarf zu decken. Man sieht: die Forschung steht hier noch einem nicht un­lohnenden Arbeitsfeld gegenüber. Und wer uns über die alte malerische Thätigkeit in der Mark gründlich Aufschluss bringen will, müsste uns auch über die Herkunft- der altbrandenburgischen bemalten Glasfenster belehren, die sich in interessanten Resten noch erhalten haben in