Carl Bolle, Die amerikanische Moosbeere und deren Einbürgerung etc. 315
Das Gewächs, eins der zierlichsten unter seinen Familiengenossen, stellt ein niederes, kriechendes Sträuchlein, ein Erdholz, wie Burgsdorf gesagt haben würde, dar, welches, seine Stengel fadenförmig ausspinnend, der entschiedensten Sumpfflora angehört. Gerade dadurch wird es umso geeigneter, bisher fast nutzlos gebliebene Strecken mit leichter Mühe ertragsfähig zn machen. Besonderer Anpassung an Boden und Klima bedarf es für unseren Himmelsstrich nicht, indem Ursprünglichkeit auf einem dessen physikalischen und meterologischen Verhältnissen durchaus angemessenen Substrat, dies Beerenobst gegen alle Unbilden diesseitiger Witterungseintlüsse gefeit hat. Audi von Kultur wird eigentlich meist nur insofern die Rede sein, als man an passender Stelle zu pflanzen hat; darauf aber die Cranberrystaude einfach ihrem angeborenen Ausbreitungstriebe überlässt, der nicht verfehlen wird, sich baldigst geltend zu machen.
Ich will nun einfach erzählen wie es bei mir damit zugegangen ist. Das zu Berichtende hat sich auf der mir gehörigen Insel Scharfenberg im Tegeler See zugetragen.
Vor etwa fünfzehn dahren erhielt ich von meinem nun leider verstorbenen Freunde Lauche ein Bäckchen Pflanzen der uns beschäftigenden Moosbeere zum Geschenk. Ein Teil davon ward auf trockenem Wiesenboden unter Rhododendren der Erde anverti’aut. Es erging damit wie mit dein Saatkorn des biblischen Säemanns, von dem etliches unter die Dornen, etliches auf Fels oder an den Weg fiel und daher ver- dorrete; in diesem Fall erstickte es zu starker Graswuchs.
Besser erging es der anderen Hälfte. Diese „fiel auf ein gutes Land, ging auf und trug hundertfältige Frucht.“
Allerdings nicht gleich, und das gute Land war auch sonderbar beschatten und würde vom Landmann schwerlich für solches erklärt worden sein. Man höre.
Keine der sieben Inselschollen des Tegeler See’s hat fliessendes Wasser, dafür aber besitzt die umfangreichste derselben, Scharfenberg, mehrere jener eigentümlichen Bodensenkungen, welche muldenförmig in die Erdkrume eingebettet, sich im Sommer als Moor, im Winter als Teich darstellen und dazu, wenn auch nur in beschränktem Maasse, jene Torfmoosbildung (Sphagnum) deren unter dem Tritt des Menschen schwankende Decke verschiedenen unserer schönsten Sumpfflanzen günstige Standorte schafft. Zu letzteren gehört als integrirender Bestandteil auch unsere europäische Moosbeere und wo diese gedeihen konnte, durfte man glauben ebenso für ihre Verwandte von jenseit des Oceans eine nicht unpassende Stätte gefunden zu haben.
Schön aufwachsende Sumpfcypressen (Taxodium distichum) am Ufer entlang gepflanzt und über sehr mannigfachem Moorgewächs teils heimischen, teils fremden Ursprungs, ihren Schatten werfend, durften