Issue 
(1896) 4
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14. (4. öffentl.) Versammlung des IV. Vereinsjahres.

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Hundert Jahre später singt der wackere Veit Weber (der selbst gewesen in der Schlacht) sein Jubellied auf den Kampf bei Murten, in welchem Liede wir bereits einen Fortschritt, den Uebergang aus der rein epischen Vortragsweise zu lyrischer Subjektivität erkennen können. Von nun an kommt die volkstümliche Dichtung gefördert durch die Buchdrucker­kunst, in Form von fliegenden Blättern u. s. w. in Fluss. Jedes wichtige, das Volk in seiner Gesammtheit interessirende Ereigniss wird in Verse gebracht; und diese machen, nach bekannten Melodien gesungen, die Runde durch alle deutschen Gaue. Doch erst das 16. Jahrhundert mit seinen tief einschneidenden religiösen, politischen und socialen Um­wälzungen hat im eigentlichen Sinne das Soldatenlied geschaffen. Historisch erklärt sich diese Erscheinung aus der in jene Zeit fallenden Entwickelung des Landsknechtslebens.

Ihre Begründung und ihre erste Einrichtung (1492) verdankt die Miliz der Landsknechte dem Kaiser Maximilian I., von dem sie selbst sangen:

Gott gnad dem grossmechtigen kaiser frumme Maximilian! bei dem ist autkumme ein orden, durchzeucht all land mit pfeiffen und mit trummen: landsknecht sind sie genannt.

In dem langwierigen Streit zwischen Habsburg und Frankreich, der bis zum Ende des 30 jährigen Krieges das Triebrad aller politischen Bewegungen Europas blieb, sah sich der junge Held vom Adel seiner Erbstaaten verlassen und von der ungebändigten Reichsritterschaft wenig unterstützt; da befahl er, Fussvolk aus der jungen Mannschaft des Landes zu werben; und mit Hülfe des Grafen Eitelfriedrich von Zollern und Georg von Frundsberg brachte er ein Heer aus den österreichischen Erblanden zusammen, das bald einen berühmten Namen durch die ganze W e lt erwerben sollte. Diese Leute waffnete er nach Schweizerart ohne Schild, mit 18 Fuss langen Spiessen, mit Hellebarden und ungeheuren Schlachtschwertern, u. s. w. So entstanden die Landsknechte, d. h. eingeborene Kriegsleute, die in ihrer Taktik, in ihren Gewohnheiten, in ihrem Gericht und Recht nichts Anderes, als das alte Volksheer der Merowingerzeit waren. Sie selbst, in deren Reihen auch Männer von Adel sich befanden, nannten sich mit Vorliebe diefrommen Lands­knechte, obgleich sie Nichts weniger, als fromm im heutigen Sinne des Wortes waren. Aber das Wortfromm hatte damals einen andern Sinn; es bedeutete: förderlich, dem Zweck entsprechend, seine Pflicht erfüllend; erst nach Luther hat das Wort die religiöse Bedeutung be­kommen, die es heute noch hat . (R. K önig, Deutsche Literatur­geschichte.)

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