14. (4. öffentl.) Versammlung des IV. Vereinsjahres.
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6. Und als er in das Schlachtfeld kam,
Die erste Kugel war sein.
Ei, nun liegt er da und schreit so sehr Nach seinem Kamerad.
7. „Kamerad, ach liebster Kamerad,
„Schreibe Du einen Brief nach Haus’!
„Schreibe Du, schreibe Du an meine Braut,
„Dass ich erschossen bin!“ —
8. „Ich hab’ keine Tint’ und Feder,
„Damit ich schreiben kann.“ —
„Tauche Du Dein Finger in mein Blut’
„Und schreib’ mit meinem Blut’!“ —
9. Und als die Braut den Brief bekam,
Vor Schrecken fiel sie um.
„Ei, nun liegt er da und schreit nicht mehr;
„Die Seel’ geht um ihn ’rum.“
Aus den Kriegsjahren 1870—71 sind nicht viele volkstümliche Soldatenlieder in Deutschland und darüber hinaus bekannt geworden. Am verbreitesten ist wol jenes Lied, von dem Karl Voretzsch („Zu den deutschen Volksliedern aus Böhmen und aus Niederhessen“, — Zeitschr. d. „Vereins für Volkskunde“ 1893, II, 179) sagt: „Text und Melodie vereinigen sich, um eins der schönsten Soldaten- und Volkslieder zu schaffen, das — auf dem Marsche oder im Biwak von zweistimmigem Chor gesungen — einen überwältigenden Eindruck macht.“ Es liegen mir gar abweichende Schreibweisen vor. Der „Brandenburgia“ biete ich das Lied in der Fassung dar, die ich dem erwähnten Garde-Dragoner zu verdanken habe:
1. Bei Sedan auf der Höhe Stand nach der blut’gen Schlacht In den letzten Abendstunden Ein Dragoner auf der Wacht.
2. Die Wolken zieh’n gen Osten,
Es wüth’t der Dörfer Brand,
Sie erleuchten Wald und Fluren Im fernen Frankenland.
3. Der Dragoner schleicht sich näher; Er sieht die Todesschaar,
Die noch gestern um die Stunde So frisch und munter war.