Carl Bolle, Miscelleu aus der heimischen Pflanzenwelt.
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weise oft schwer zu erkennen wo zwischen dem Schalk im Nacken und wahrhaftem Ernst die Grenze zu ziehen sei.
Uns mag bei der Geschichte hauptsächlich interessieren, dass die Fundgrube jener unheimlichen Wurzel auf den Templower Berg verlegt worden war. Der geistvolle und fleissige Monograph der Alraune, unser Ascherson, würde bei seiner eminent kritischen Veranlagung an solcher Stelle schwerlich einen Originalstandort für seine Mandragoras vermutet, ja vielleicht nicht einmal für das Surrogat derselben, die uns vertrautere Zaunrübe (Bryonia), einen derartigen als authentisch anerkannt haben.
Unsere Einbildungskraft trägt uns weit weg vom Kreuzberg zu höheren Gipfeln und klassischeren Gefilden. Unzweifelhafter als jene sehr apokryphe ist auf alle Fälle eine ganz recente Begegnung unseres Landsmannes und Freundes W. Siehe mit der schauerlichen Sagenpflanze gewesen. Derselbe, zur Zeit als Naturforscher aut dem antik angehauchten Boden Kleinasiens weilend, schreibt mir, er habe am Fuss des cilicischen Taurus Mandragorawurzeln von enormer Grösse und wunderlichster Bildung mühsam ausgraben lassen, die er für das märkische Provinzial-Museum bestimme. Man wird es begreiflich finden, dass der uns nahestehende Vorsteher dieses Instituts, Herr Geheimrat Friedel, hierin glücklicher als Fürst Pückler, dem Eintreffen so- thaner Fundstücke mit Spannung entgegensieht.
Süsse Eberesche. Sorbus aucuparia, L. var. fr. dulci.
Da die süssfrüchtige Spielart der Eberesche neuerdings bei uns ein gewisses Interesse erweckt hat, gebe ich hier, als Resultat sowohl meiner Lektüre wie meines Nachdenkens, einiges dieselbe Betreffende wieder.
Wir haben Mähren als Heimat dieses Baumes kennen gelernt; jetzt werden wir die Verbreitung desselben viel weiter, nämlich auf Russland, ausdehnen müssen. Allerdings ist keine vollkommene Identität, des mährischen nämlich und des russischen, anzunehmen, weil Grösse und Farbe der Frucht abweichend geschildert werden. Auch darf man nicht glauben, dass, weil die Vogelbeere im Norden Russlands allgemein genossen wird, es auch allerorten die süssfrüchtige Varietät sei, welche diese Kost liefere. Letztere scheint vielmehr ganz lokal zu sein.
In seiner „Geographischen Verbreitung der Holzgewächse des europäischen Russlands“ sagt Koppen von derselben folgendes:
„Nach Beobachtungen der Fürstin Golizyn giebt es im Kreise Shisdra des Gouvernements Kaluga zwei scharf unterschiedene Formen der Eberesche: die gemeine, überall verbreitete, mit dunkelroter Frucht, im rohen Zustande unangenehm herb schmeckend und die Varietät chrysocarpa, Zinger, mit viel kleinerer, gelbroter Frucht, von süsserem und angenehmem Geschmack. Wie wmit letztere in Russland verbreitet sei, darüber liegen keine Nachrichten vor. “
Man geniesst in jenem Lande auch allgemein die Früchte der gewöhnlichen Eberesche, nachdem sie Frost bekommen haben, und findet sie dann nicht unschmackhaft. Im Norden soll man sie sogar zerquetscht dem Brod