Heft 
(1897) 6
Seite
15
Einzelbild herunterladen

3. (1. Arbeite-) Sitzung des VI. Vereinsjahres.

15

sich streitig. Brandenburg, Werder und Frankfurt a. 0., denen erst in weitem Abstande sich Berlin anreihte.

Den Zusammenhang der Städte mit den ehemaligen Verbündeten der Hanse löste der Fall Berlins i. J. 144:1 plötzlich und für immer. Auf die Androhung zehnjährigtu' Verhansung erwidern die Schwesterstädte Berlin und Köln am 22. Juli 1452 mit der resignierten Darlegung ihrer traurigen politischen Schicksale.' Auch als später noch einmal Lübeck, das über Beraubung durch den Kurfürsten Friedrich II. klagt, Berlins Vermittelung und Fürsprache bei seinem Landesherrn in Anspruch nehmen will (12. September 14fiS), wagen weder Berlin noch Frankfurt, in Krinnerung an den Widerwillen Friedrichs gegen alle Städtebünde, den ehemaligen hansischen Genossen zu Diensten zu sein, sondern beide entschuldigen sich mit der Abwesenheit des Kurfürsten in Nürnberg. So gewaltig war der Schrecken, den die beiden städtebekämpfenden hohenzollerschen Brüder, Albrecht im Süden wie der eiserne Friedrich im Norden, der ehemals gefürchteten Hanse einflössten, dass diese jetzt der ein Jahrzehnt früher im Stiche gelassenen Genossin sich erinnert und um Berlins Fürbitte wirbt, das in der Folge schneller als zu er­warten, seinen Frieden mit dem eisernen Landesherrn macht.

Berlin hat den *Waudel der Dinge nicht zu beklagen gehabt: während des Wittelsbachischen und Lützelburgischen Elends in der Mark hat es teilnehmen dürfen an den ruhmreichen Tagen der Hanse, als dieselbe über nordische Könige triumphierte und in London wie in Nowgorod ihre Satzungen vorschricb; nachdem der Glanz der nordischen Seestädte zu erbleichen begann und kraftvolle Fürsten ihnen ihre Rechte bestritten, da knüpfte sich das Schicksal des von der Hanse verlassenen Berlin an das aufstrebende Geschlecht der fränkischen Ilohenzollern.

Diesen Schlussworten füge ich gewissermassen als Kuriosum bei, dass in den letzten 20 Jahren zweimal amtliche Anfragen an den Magistrat von Berlin um Auskunft ergingen das einomal von Lübeck, das anderemal seitens des Germanischen Museums zu Nürnberg ob nicht Berlin ausser einer Hansestadt auch eine Freie Stadt gewesen sei. Der hiesige Magistrat hat diese Frage gewissenhaft verneinen müssen. Allerdings hat Berlin in seiner Blütezeit, als es Hansestadt war, zeitweilig eine sehr selbständige Stellung gehabt, welcher die Schwäche der Landesherren zu Gute kam. Aber Berlin hat doch immer unter dem Landesherrn, niemals unmittelbar unter dem Reich gestanden. Selbst bei den Unruhen unter dem zweiten Ilohenzollern gingen die Ab­sichten der Berliner sicherlich nicht auf eine Losreissung von Branden­burg, sondern lediglich auf grössere Privilegien. Hier ist jedoch, wie Kriinig andeutet, durch die landesherrliche Hoheit ein kräftige]' Riegel für alle Zeiten, aber nur zum Segen Berlins, vorgeschoben worden.