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Erinnerungen an Kaiser Wilhelm I., den Grossen.
Wilhelm der Grosse! Zum erstenmal lesen wir in unlöseh- licher Schrift diesen Namen: der Grosse! ln der Mitte zweier anderer grossen Fürsten aus dem Hohenzollernhause stellt das Denkmal. Dort rechts auf der Brücke das herrliche Reiterstandbild des Grossen Kur- fürten, der aus dem niedergetretenen, ausgesogenen kleinen Land durch seine Schöpferkraft ein blühendes Reich geschaffen, der als gewaltiger Kriegsherr nicht allein den preussischen, sondern auch den deutschen Namen wieder zu Ehren gebracht hat. Und links Friedrich der Grosse, umgeben von den Männern, die ihm die Schlachten gewinnen halfen, die ihn unterstützten im Friedenswerk. Was er geleistet, geschaffen, davon wird mau noch nach Jahrhunderten singen und sagen! Und nun das Denkmal des grossen preussischen Königs und deutschen Kaisers Wilhelms I!
Die Geschichte ist karg mit der Bezeichnung: der Grosse. Die Männer, die sich diesen Ehrentitel erworben haben, lassen sich rasch zusammenzählen.
Nur zwei grosse Kaiser kannte bis jetzt die deutsche Geschichte: Karl den Grossen und Otto den Grossen. Beide waren Einiger Deutschlands, beide erhoben das deutsche Volk zu nie geahnter Höhe. Und nun der dritte Einiger, unter dessen mildem Scepter die deutschen Fürsten sich geeint haben, sodass Deutschland, das vorher so zerrissen war, eine Macht geworden ist, die nur Gott fürchtet, sonst niemand.
Wir, die noch Lebenden, die all das Wunderbare, das Kaiser Wilhelm mit seinen Palatinen, dem eisernen Kanzler Bismarck, dem Schwertschärfer Roon, dem Schlachtendenker Moltke und andern geschaffen in einem Lebensalter, das andere sterbliche Menschen zur wohlverdienten Ruhe einladet, mit erlebt, jeder in seinem bescheidenen Teil mit erarbeitet, mit erkämpft hat, wir nennen freudig den Kaiser, dessen hundertjährigen Geburtstag mitzufeiern uns vergönnt ist, Kaiser Wilhelm den Grossen!
Zur Geschichte der Kurfürstenbrücke in Berlin.
(Vergl. die Beiträge im Monatsblatt Bd. V S. 87 und S. 382.)
Bei dem Abbruch der früheren „Langen Brücke“, deren Neubau seit dem 9. Mai 1896 „Kurfürstenbrücke“ benannt worden ist, wurde am 19. Juni 1894 eine hinter der obersten Schicht einer Cartouche auf der Nordseite der Brücke ein gemauerte Flasche mit folgendem Inhalt gefunden:*)
*) Dies Vermauern der Flasche gehört in weiterem Sinne unter die im Monatsblatt IV S. 250 folg, von mir besprochenen „Bauopfer“, von denen manche wie im vorliegenden Falle der Kurfürstenbrücke, gleichzeitig das Erhalten der Erinnerung, an Personen und Ereignisse abzwecken, ähnlich wie dies bei den Grundsteinlegungen der Fall ist.