4. (2. ausserordl.) Versammlung des VI. Vereinsjahres.
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zuj dieser Reise nur 150 Thaler mitgenommen und obwohl ich für meine Angehörigen kleine Andenken gekauft, noch 5 Thaler heimgebracht habe. Hits imponierte dem alten Herrn so, dass er mich zu einer grossen Gesellschaft, ich selbst wusste garnicht warum, einlud, bei der Tafel plötzlich das Wort ergriff und mich Ahnungslosen der Versammlung als eint Art Musterknaben, als einen besonders sparsamen und tüchtigen jungen Mann vorstellte.
i Als am 10. März 185(5 Hans von Rochow den Polizei-Präsidenten
vofi| Hinkeldey im Duell unweit der Försterei Königsdamm in der Jung- ferthaide erschossen hatte und infolgedessen eine grosse Aufregung in der Bt^gerschaft entstanden war, weil man in Hinkeldey ein Opfer der so- geBtmnten Junkerpartei erblickte, stellte sich Ravene an die Spitze einer Safimlung für die in bedrängten Verhältnissen zurückgebliebene Wittwe. Hauptsächlich durch seinen Eifer wurden für dieselbe in kurzer Zeit 40000 Thaler, eine für damalige Zeiten sehr erhebliche Summe, unter den Berliner Bürgern aufgebracht.*)
Neben diesen liebenswürdigen Seiten besass Ravene sen. aber auch gelegentlich eine masslose Heftigkeit. Ich entsinne mich, dass er, als er in seinem Kleiderschrank nicht gleich einen Rock linden konnte, sämtliche Kleidungsstücke, so dass die Anhängsel entzwei gingen, abriss
*) Bekanntlich haben die Enthüllungen der letzten Jahre die Verschuldung Hans von Rochows wesentlich herabgemildert und ist man eher geneigt anzunehmen, dass Friedrich Wilhelm IV., vielleicht in einem ersten Ausbruch seiner traurigen geistigen Umnachtung, Hinkeldey zu dem Duell moralisch gezwungen habe.
Die Rechtfertigungsschrift von Rochows betr. das traurige Ereignis vom 10. März 1856 wurde von ihm einigen befreundeten Herren im Provinzial-Landtag ge- , hat auch mir Vorgelegen und einen tiefen Eindruck hinterlassen. Soeben hat nun Feld, von Westphalen, Sohn des Ministers und angeblichen Rivalen Hinkeldeys einin Aufsatz „Der General-Polizeidirektor von Hinkeldey und der Minister dej Innern von Westphalen“ in der Histor. Zeitschrift N.-F. Bd. 42 München unn Leipzig 1897, S. 461 flg. veröffentlicht, der die ungünstige Vorstellung von dem V(lhalten des Königs zu bestärken scheint. In einem gnädigen Handschreiben an ded unterm 17. März seine Entlassung nachsuchenden Minister von Westphalen, unterzeichnet: „Charlottenburg, 2. 4. 56. Begonnen am Sieges- und Friedenstage: 30. März F. W., R.“ heisst es: „Der Vorwurf, der mich selbst trifft, ist immer grösser; denn ich Iste seit mehreren Tagen, dass es auf die Tötung Hinkeldeys abgesehen war, oder Je wenigstens die Entschuldigung (?), es glauben zu können. Hier war aber eine Iserst taktvolle und zarte Prozedur erforderlich, um den bereits verbreiteten Verübt. „Hinkeldey könne kein Pulver riechen, nicht unwiderruflich zu etablieren. Das, gestehe es offen, hat mich zaghaft gemacht.“
' Hiernach hat zumeist die Unentschlossenheit des Königs den Zweikampf ermög- t und die öffentliche Stimme, welche Hinkeldey als eine Art Opfer der Verhält-
3 >e bezeichnete, hat im ganzen und grossen Recht gehabt. Daher der Unwille bei selben Bürgerschaft, welcher H. mit scharfen Polizeimassregeln zugesetzt hatte, e ^ en deshalb der glühende Eifer Ravend s, der Wittwe durch eine öffentliche , , m kmg, we i c he gleichzeitig als ein politischer Protest aufgefasst werden sollte, zu
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