4. (2. ausserordl.) Versammlung des VI. Vereinsjahres.
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Indes erscheint in seinem figurenreichen Bilde „Judenmord am Krönungstage Eduards If. in London“ (1848 gemalt) für unsern Geschmack die Färbung zu dunkel und schwer, und manche seiner Figuren ähneln ausserdem gewissen Typen der alten Rubensschule. Von Fleury ist noch ein kleines Bild in einem der Kabinette zu sehen, „Der Bericht“, von tiefem goldig leuchtenden Kolorit.
Von den Deutschen, die damals die überlegene französische Maltechnik in Paris studierten, begegnen wir hier unserm Ludwig Knaus, der sich indes der Genremalerei und daneben dem Porträt zuwandte. Auch Julius Schräder, der jetzt 8:2jährige, gehört in diesen Kreis. Die beiden ruhenden Gestalten „Bacchus“ und „Bacchantin“ (Saal I) wirken »rächtig, gesättigt in Kolorit; sie wurden in Rom gemalt (184(5). Schra- lers umfangreiches Hauptwerk „Der Tod Lionardo’s“ — dieser Samm- ung erst später eingereiht — mag sicherlich bei seinen hervorragenden ’Jgenschaften in der Physiognomik der Figuren, in der Kraft der Farbe, n der Trefflichkeit der Zeichnung, dereinst Aufsehen erregt haben; heute commt uns die Auflassung melodramatisch, die Schilderung wie das effektvolle Schlusstableau einer Oper vor. Gleiche malerische Qualität »(■sitzen die drei Historien von Martersteig (Weimar), Darstellungen us der Reformationszeit mit TIuss und Luther nicht; sie wirken etwas «drängt in den Figuren, bunt und trocken im Kolorit. Karl Becker, er heutige Ehrenpräsident der Berliner Akademie, hatte schon damals ein bekanntes geschichtliches Genre entdeckt; aber neben Venedig (du-* relenhändler und Senator, 17. Jahrh.) hatten es ihm zunächst auch die luster des alten Caspar Netscher („Morgen nach dem Balle“ u. a.) an- ethan. Seine später hinzugefügten Gruppen- und Einzelbildnisse er- mngeln einer schärferen Individualisierung, zu der sich die novellistische ud illustrative Begabung dieses Künstlers auch nur sehr selten vertiefen onnte. Von ältern Berliner Porträtmalern finden wir ausserdem ^ Heusei (Brustbild Kaiser Wilhelm IV.), Bussler (Königin Elisabeth °n Preussen, Brustbild), Th. Ilosemann, Franz Krüger und Ernst Hilde- randt (Kinderbildnis). Das herrlichste Stück ist aber das Knaussclie (Onterfei des Begründers der Gallerie, das namentlich durch Feckerts uthographie sehr bekannte Porträt, das den vor einer Staftelei behaglich dzenden, prüfenden Kunstmäcen unübertrefflich charakterisiert.
Zinn Wiederaufleben der realistischen Genremalerei gab aber iclit nur das auf die Weltbühne tretende „Volk“ die Veranlassung, °ndern zugleich der Einfluss der alten Niederländer, auf die bei ns Schnaase zuerst in seinen niederländischen Briefen mit Nachdruck unvies. In einem der Kabinette findet sich von dem Amsterdamer de Block ein „Philosoph“, ganz in der Art der Rembrandtrichtung ,emalt. Den weitesten und selbständigsten Schritt that ohne Zweifel er 1801 zu Lyon geborene F. A. Biard. Seine „Scene auf einer