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4. (2. ausserordl.) Versammlung des VI. Vereinsjahres.
französischen Douane“, mit einem beim Schmuggel ertappten Engländer, wirkt ungemein spasshaft und frisch, ist ein virtuos gemaltes Werk humoristischer Genredarstellung. Bei uns wagte man sich zunächsst noch nicht so dreist an neue Stoffe. Man begnügte sich, den Bauer, den armseligen Fischer oder Schifter, zumeist in harmloser Unterhaltung, zu schildern. Oder man erlaubte sich, lieb und brav wie man war, idyllische Dachstuben zu malen, Grossmütterchen mit der Enkelin, Mütterchen mit dem Liebling auf dem Schosse und dergl. mehr. In diese kampflose Welt zufriedener ehrbarer Leute führt uns hier z. B. der alte Ed. Meyerheim. Auch Th. Hosemann erscheint auf seinen beiden Gemälden weit harmloser als auf seinen Zeichnungen. Karl Begas, der in Berlin mit seiner nazarenischen und klassizistischen Vergangenheit abschloss, malte das hier vorhandene, sehr bekannte Genrebild „Mohrenwäsche“. Koloristisch das weitaus beste sind aber in dieser Berliner Gruppe die köstlichen Stücke von Ludwig Knaus „Die Mausefalle“, „Frau mit Katzen spielend“, das blumenpflückende Bauernmädchen (Kabinet) u. a. Später trat in diesen Kreis auch der Berliner Max Michael.
Wenn man Knaus allein ausnimmt, so erscheinen die gleichzeitigen Düsseldorfer, die in der Gallerie vertreten sind, als die viel kräftigeren Talente. Obenan steht der temperamentvolle Ad. Schrödter mit seinem „Till Eulenspiegel als Bäckergeselle“. Ihm folgt Peter Hasenclever, von dem nicht weniger als 7 grössere Gemälde zum ersten Bestand der Sammlung gehören. Da sieht man von ihm eine seiner einst populär gewesenen Weinkellerseenen „Die Weinprobe“, dann drei Illustrationen zu Kortums Jobsiade, Jobs als Nachtwächter, Jobs im Examen, Jobs als Schulmeister, sämintlich mit ihren steifleinenen Figuren an Ilogarths karrikierende Art erinnernd, voll trockenen Humors als Schilderungen und dabei zum Teil nicht übel gemalt. Drei lebensgrosse Porträts in ganzer Gestalt, darunter das Selbstbildnis Hasen- clevers, vollenden die Gruppe. Rud. Jordan und sein aus Amerika stammender Schüler Henry Ritter gehören auch hierher und zwar mit zwei tiefernsten Scenen ans dem Leben der Helgoländer Fischer. Und ihnen scliliessen sich endlich an der Norweger Ad. Tidemand („Norwegische Sonntagsfeier“, „Norwegische Totenfeier“ u. a.) und der Königsberger Karl Hübner mit seiner tragischen Scene „Jagdrecht“, die eigentlich besser das Ende eines Wildschützen hiesse.
Einen analogen Weg von abstrakter Auflassung zu wirklicher und intensiver Naturanschauung hatte inzwischen auch die Laud- scliaftsmalerei eingeschlagen. Ihre Vertreter hatten bisher die schöne Linie in der Natur bevorzugt, den heroischen Charakter gewisser südlicher Gegenden gesteigert: das waren die Klassizisten, welche sog. Stillandschaften komponierten. Carl Graebs „Italienische Landschaft“