4. (2. ausserordl.) Versammlung des VI. Vereinsjahres.
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im Saal I mit ihren edlen Formen, ihren zarten grünen Farbenab- Stufungen gehört noch durchaus hierher; aber sie steht fast vereinzelt da. Graeb hat sonst noch einige seiner brillant gemalten Architekturen in der Sammlung. — Anders empfanden die Romantiker. Sie liebten vielmehr das Hässliche in charakteristischer Grossartigkeit, die überschwängliche Natur mit ihren wild-grotesken Formen, fantastische Scene- rien, die mit Burgruinen, Grabsteinen und dergl. staffiert wurden. Jedenfalls lag hier der Keim zu erfreulicher Entwickelung. Arbeiteten die Romantiker doch wenigstens mit n ordis dien Landschaftsmotiven, konnten sie nach ihrer Übersättigung doch endlich den Weg zurück zur Einfachheit heimischer Naturschilderung, von der einst die alten Holländer ausgegangen waren, allmählich linden. Diesen Weg von der Romantik zur schlichten Wahrheit fand bei uns als einer der ersten Carl Friedrich Lessing (geh. 1808). Ausflüge von Düsseldorf in die Eifelgegend und nach Westphalen regenerierten seine Liebe für die ungeschminkte Natur. Und so entstand u. a. jene einfache, köstlich stimmungsvolle West- phiilische WaldLandsehaft, die in einem der Kabinette der Gallerie bewundert zu werden verdient.
Wie schwer aber gerade dieser Rückweg zur Einfachheit den meisten, selbst den begabtesten Landschaftern, damals wurde, lässt sich in dieser Gallerie vortrefflich studieren. Sogar A. Achenbach malte, ehe ihn die schlichte Grösse eines liuysdael, eines Bakhuysen gepackt, noch jene norwegische Winterlandschaft mit fantastisch aufgetürmten bläulichen Eisschollen (Saal III), übrigens das älteste datierte Stück der Sammlung (1838). Noch wollte sich niemand entschliessen, die letzten Konsequenzen des Realismus zu ziehen, auf das Komponieren und Arrangieren gänzlich zu verzichten. Eduard Hildebrandt suchte exotische Gegenden auf und porträtierte sie bei frappanter Beleuchtung; aber man sieht von ihm hier auch einige anspruchslose Naturausschnitte mit figürlicher Staffage, erinnernd an Averkamp und Esaias van de Velde, nur härter, fast ohne Luftton gemalt. Ein energisches Studium der alten Holländer, zumal des Berchem und Wouwerman, verraten hier einige färbensatte, mit laubreichen Bäumen staffierte Landschaften des Berliners Charles Hoguet (geh. 1821). Aber neben Ruysdael ist es der alte Ever- dingen — der einzige jener Alten, der auch das norwegische Hochland geschildert—welchen die Gebirgslandschafter zum Muster wählen. Der Genfer Calame entscheidet sich als erster für das Schweizer Hochgebirge; und ihm folgen u. a. die in dieser Sammlung vertretenen Aug. Leu, Düsseldorf, und Fr. Ed. Pape, Berlin. Vielleicht kennen die meisten letzteren noch besser als einen andern Berliner, Wilhelm Krüger, dessen „Seestück bei aufziehendem Gewitter“ (1847) in dem grauweissen kühlen Ton den Einfluss des alten S. de Vlieger verrät. A. Achenbach dagegen hat im „Hafen von Ostende“ (1858) bereits den so über-