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7. (5. ausserord!) Versammlung des VI. Vereinsjahres.
polygonen Chor geschlossen ist. An das südliche Seitenschiff lehnen sich im Viereck die Stiftsgebäude an.
Betritt man durch das Hauptportal des Westtunnes das Innere des Doms, so verschwindet der erste Eindruck, der die Erinnerung an frühere Kämpfe wachrief, gänzlich und macht einer feierlichen, weihevollen Stimmung Platz, wenn man diese herrliche Architektur, die schlanken, zu bedeutender Höhe aufsteigenden Pfeiler des Mittelschiffs, diese kunstvollen Chorschranken, diesen imposanten Chor mit seinem gewaltigen Altarbilde und seinen prächtigen Glasmalereien erldickt. Verstärkt wird dieser weihevolle Zauber, wenn, wie bei unserem Besuche, die Töne der Orgel durch die weiten Hallen dahinbrausen.
Neun gewaltige, reich gegliederte Backsteinpfeiler tragen das Kreuzgewölbe des Mittelschiffs, welches durch seine Höhe von 10 in die .Seitenschiffe (Höhe 7,5 m) fast um das Dreifache überragt. Zur Verbindung der einzelnen Pfeiler dienen zwei lleihen spitzbogiger Arkaden, von denen die unteren auf ihrem Scheitelpunkt eine mit einfacher Brüstung versehene Laufgalerie — meist fälschlich als Büsser- und .Martergang der Mönche bezeichnet — tragen, während die oberen die reichproiilierte», mit dreiteiligem Maasswerk versehenen Fenster des Mittelschiffs enthalten. An dem vierten Pfeiler, linker Hand vom Westeingange aus, belindct sich die im Barockstil gehaltene, reich vergoldete Kanzel, die im Jahre 1693 erbaut worden ist. Der Fnss der Kanzel wird von Wolken umhüllt, aus denen Engel aufsteigen, welche die Brüstung tragen; der Schalldeckel wird gleichfalls von zwei Engelsgestalten gestützt und ist mit Laubgewinden und Blumenvasen verziert. Zwischen dem sechsten und siebenten Pfeiler wird der hohe Chor vom Predigtraum durch einen mit Skulpturen und Maasswerk reich geschmückten Lettner getrennt.
Vor dem Lettner hielt Herr Dr. Gustav Albrecht den folgenden Vortrag „Zur Geschichte des Bistums Havelberg“:
Hochansehnliche Versammlung!
Line althistorische Stätte ist es, auf welcher sicli der Dom von Havelberg erhebt. Wütender Kampf hat hier oben getobt, ehe es den Deutschen gelang, festen Fuss zu fassen auf der Kultstätte altwendischen Göttertums, ehe die Anhänger Gerowits aubetend zum Kreuze des Christengottes aufblickten.
Beieits in vorwendischer Zeit müssen die germanischen Bewohner der Mark hier auf dem Hügelplateau eine SiediungsStätte besessen haben, wie mannigfaltige Funde von Hausgerät und Töpferware mit germanischem Ijpus andeuten, aber wohl schon mn die Mitte des 5. Jahrhunderts haben sie ihre Niederlassung auf dem Havelberge verlassen, mn sich im Süden des germanischen Landes am Ulmin und an der Donau geeignetere Länder zur Besiedluug auszuwählen.