Heft 
(1897) 6
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7. (5. aitxHeronll.) Versmnnilnnfr des VI. Vereinsjahrcs.

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Die verlassenen Ileimstätten der<lermanen wurden von denSlaven in Besitz genommen und auch um diesen hochgelegenen Punkt der Havel- landscliat't herum siedelten sieh Einwanderer ans dem Stamme der Wilzen an. Modi oben auf der Kuppe des Berges wurde eine Kulbis- stiitte zu Ehren des Kriegsgottes Gerowit angelegt, während der Werde!' in der Havel durch Pfahlwerk und Steinpackungen zu einem testen Eiland 'ungeschälten und daselbst unter dem Schutze der Berg­feste eine Ansiedlung begründet wurde.

Zwei .lahrhunderte hindurch lebten die neuen Bewohner ungestört an den Ufern der Havel und gingen ruhig ihren friedlichen Beschäf­tigungen, der Jagd und dem Fischfang, dem Ackerbau und der Bienen­zucht nach, nur zuweilen wurden sie durch Fehden einzelner Stämme untereinander aus ihrer Buhe aufgerüttelt. Aber schon gegen Ende des S. Jahrhunderts drang die Kunde von den siegreichen Zügen des grossen Frankenkaisers weithin durch die wendischen Gaue und veranlasste die Wenden, ihre Westgrenze, welche durch den Kauf der Havel gekenn­zeichnet wurde, an den schwächeren Punkten stärker zu befestigen. Obwohl die Havel in jener Zeit mit ihren ausgedehnten Sumpfgebieten, deren Spuren ja heute noch in den Verzweigungen des Havelländischen Buchs zu erkennen sind, eine fast uniibersehreitbnre Grenzscheide bildete, gab es doch einige schwache Punkte, wo die Ausläufer niedriger Hügel­ketten das Havelbett einengten und den Übergang erleichterten, so bei Brandenburg, Plaue, Pritzerbe, Rathenow und Havelberg. Diese strategisch wichtigen Punkte wurden nun im Anfang des t). Jahr­hunderts durch mehr oder minder starke Befestigungen geschützt, andere weniger gefährdete Punkte der Grenzlinie durch wallartige Aufwürfe gesichert, wie beispielsweise bei Düberitz, Giilpo und Jederitz, wo sich die Spuren derartiger Burgwälle, noch jetzt finden.

Auch das Heiligtum des Gerowit auf dem Havelberge wurde durch starke Mauern befestigt, um den Bewohnern der Ansiedlung unten auf dem Werder und am Abhänge des Burgberges, dem sogenannten Wenden-' berg, bei einem plötzlichen Überfall Zuflucht und Schutz zu gewähren. War der Ort durch die beiden Flussläufe, Elbe und Havel, welche sich etwa eine Stunde nordwestlich von Havelberg vereinigen, und durch Sümpfe und ausgedehnte Bachen geschützt, so zeigte doch das Schicksal der gleichfalls durch Wasser und Sumpf gesicherten Burg Branibor, welche Kaiser Heinrieh I. mitten im Winter, eroberte, als strenger Frost, eine Brücke über das sumptige Gelände geschlagen hatte, dass dieser natürliche Schutz dem kühnen Wagemut der christlichen Froherer gegenüber nichts nützte. Und sicher vor feindlichen Einfällen waren die Bewohner auf dem Werder bei Havelberg nicht mehr. Schon Mark­graf Bernhard hatte Bül'J bei Wallislewo, dem heutigen Wallsleben, und bei Bunkini, dem heutigen Benzen, vielleicht eine Tagereise von