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7. (5. ausserordl.) Versammlung des VI. Vereinsjalues.
Havelberg entfernt, die Redarier, einen wendischen Yolksstamm, aufs Haupt geschlagen und seit 038 dehnte der gefürchtete Markgraf Gero seine Eroberungszüge immer weiter die Havel abwärts nach Norden aus. Schwere und langwierige Kämpfe haben in jener Zeit stattgefunden, ehe die Deutschen in den Havelniederungen festen Fass fassen konnten — die Geschichte jener Kämpfe ist, wie ein alter Schriftsteller sagt, mit Blut geschrieben — aber schliesslich muss die Unterwerfung der wendischen Gaue längs der unteren Havel zwischen Brandenburg und Lenzen doch gelungen sein, denn Kaiser Otto I. gründete nach der Angabe des Chronisten Saxo, bereits 930 an Stelle der alten Kultusstätte in der Burg Havelberg einen bischöflichen Sitz, um in den nördlichen Teil des Slavenlandes durch die Macht der Kirche Zucht und Ordnung, Kultur und christliches Leben einzuführen. Wir sind über die Einzelheiten der Kämpfe und der Unterwerfung dieses nördlichen Teils nicht unterrichtet, aber so viel die am 9. Mai 94b zu Magdeburg vollzogene Stiftungsurkunde des Bistums Havelberg erkennen lässt, muss der unterworfene Besitz ziemlich umfangreich gewesen sein, wenn auch zu berücksichtigen ist, dass ein grosser Teil der dem Bistum verliehenen Besitzungen erst erobert werden musste. Der Urkunde zufolge sollte die Diöcese Havelberg das Gebiet umfassen, welches im Osten von der Peene, im Westen von der Elbe, im Norden von der Ostsee und im Süden von der Stremme, einem Flüsschen zwischen Pritzerbe und Rathenow, begrenzt wurde. Thatsächlich haben aber die Bischöfe nur die Priegnitz, das Land Ruppin, einige angrenzend el.ande.steile von Mecklenburg und Pommern und das Gebiet zwischen Elbe, Havel und Stremme unter ihrer Verwaltung gehabt.
In der erwähnten Stiftungsurkunde wird auch der Name Havelberg zum ersten Male erwähnt und zwar als „civitas et castrum llavel- berg“. Die deutsche Form des Namens weist darauf hin, dass die Deutschen bereits festen Fuss auf dem Plateau gefasst und den Ort germanisiert hatten. Wann die Eroberung durch die Deutschen vor sich gegangen ist, lässt sich bei dem Mangel an Nachrichten nicht feststellen, aber wahrscheinlich 938 oder 939 durch Gero, darauf deutet die Angabe des Annalisten Saxo hin; für das Jahr 927, wie Berghaus (Landbch. I, 619) annimmt, liegt kein triftiger Grund vor. Ferner ist es veifehlt, weil keine slawische Form für den Namen Ilavelberg vorkommt, den Ort als eine aus der Ottonenzeit stammende deutsche Kolonie zu bezeichnen; auf den altgermanischen Ursprung deuten die oben erwähnten Funde hin, auf die slavisclien Bewohner gleichfalls verschiedene Fundstücke und der Name Wendenberg, welchen früher der Teil der Stadt, längs der Weinbergstrasse führte und dessen Bewohner sich auch heutzutage noch hauptsächlich mit Fischerei und Schifffahrt beschäftigen. Schliesslich lässt auch der ganze Verlauf der uns bekannten Geschichte