Issue 
(1897) 6
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7. (5. ausserordl.) Versammlung des VI. Vereinsjahres.

jährige Geschichte zurückblickt, nur wenige Spuren seines hohen Alters vorhanden. Die ältesten Zeugen aus früherer Zeit sind der Dom mit seinen zahlreichen Kunstwerken und Grabdenkmälern, die St. Laurentius- kirche aus dem 13. Jahrhundert und die St. Annenkapelle aus dem 15. Jahrhundert, ferner einige alte Giebelhäuser mit Inschriften aus dem 17. Jahrhundert. Aber diese wenigen Zeugen genügen, um uns einen Einblick in das Leben der alten Bewohner von Ilavelberg, in den Kunst­sinn und die Prachtentfaltung der alten Bischöfe und Domherren zu gestatten.

Nach dem beifälligaufgenommenen Vortrage wies Herr Geh. Bat Friedei auf die Verdienste des Herrn Bürgermeisters Zöllner um die Lokalgeschichte von Havelberg hin und sprach seinen Dank für die Freigebigkeit des Herrn Bürgermeisters aus, welcher jedem Mitgllede der Brandenburgia ein Exemplar des Domgrundrisses nebst Verzeichnis der Kunstwerke und eine synchronistische Tabelle zur Geschichte des Bistums verehrt hatte.

Unter Führung des Herrn Küster Aue nahm die Gesellschaft hierauf die Kunstwerke und Baulichkeiten des Doms in Augenschein. Zuerst wurden die aus dem 14. Jahrhundert stammenden Glasmalereien des nörd­lichen Seitenschiffs besichtigt. Diese Malereien, welche von dem König­lichen Institut für Glasmalerei in ChaiTottenburg renoviert worden sind, verteilen sich auf 7 Fenster und enthalten Darstellungen ans der Ge­schichte des Heilandes von der Darstellung im Tempel bis zur Auf­erstehung; die Umrahmungen der Bilder und die unteren Felder sind mit architektonischen Gebilden in prächtiger Farbemvirkimg ausgefüllt. Im südlichen Seitenschiff befinden sich ferner zwei farbige Fenster, deren Malereien aus alten Überresten von Fenstern des nördlichen Schiffes zusammengesetzt und von dein obengenannten Institut kunstvoll ergänzt sind, sie enthalten Darstellungen ans der Geschieht« Johannes des Täufers und aus der Marienlegende. (Diese Fenster waren auf der Berliner Gewerbe-Ausstellung 189b in der Heilige-Geist-Kirehe in Alt-Berlin aus­gestellt). Beachtenswert sind ausserdem die vier neuen farbigen Glns- fenster des hohen Chors, die von den Familien von Kohr, von Jagow, von Saldern und von der Stadt Havelberg gestiftet wurden und Scenen aus dem Alten und Neuen Testamente (Moses, vom Sinai mit Gesetzes­tafeln kommend; Elias, im feurigen Wagen gen Himmel fahrend; Taufe und Auferstehung Christi) darstellen; den Fond bilden Teppich- und Grisaülemuster. Das mittelste Chorfenster, welches durch den Hochaltar fast völlig verdeckt wird, soll nach Entfernung desselben gleichfalls eine farbige Darstellung der Kreuzigung Christi erhalten.

Hierauf wurde der hohe Chor und die denselben umgehenden Chor­schranken besichtigt. Den vorderen, dem Predigtraum zugekehrten Teil der Chorschranken bildet der mit Skulpturen reich geschmückte Lettner,