\V. v. Schulenburg, Altertümer aus dem Kreise Teltow.
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habe uebeubei eine solche Blüte, einen solchen kleinen Helmerding, etwas vergrössert nach der Natur gezeichnet, und unten noch Fiisse hinzugefügt. Man ersieht daraus, wie das Volk, auch ohne grossen Aufwand von Einbildungskraft, manche Erscheinungen der Pflanzenwelt lebensvoll gestalten kann. Es wäre wünschenswert, wenn einmal ein Pflanzenkenner, mit volkstümlichem Sinne begabt, die „mythologischen“ Beziehungen unserer Pflanzenwelt nach dieser Richtung hin klarlegte. Es würde das eine wertvolle Ergänzung des mythologischen Wissens bilden, denn bisher waren unsere Mythologen wohl nicht pflanzenkundig.
Auf Wiesen nördlich vom Höllenberg, und südlich von Gadsdorf an der Strasse nach der Forst zu, bemerkt man mehrfach Hexenringe; unbeachtet und ohne Namen hier im Volke. Doch hatte der grösste nur 11 Scliritt Durchmesser, während ich in Oberbayern an einer Leite einen „Ilexentanz“ sali von 35 Schritt Durchmesser und einem Alter von mindestens 30—40 Jahren. Auf den Wiesen hatte ich auch mannigfach Gelegenheit, mich im eignen Heiligenschein zu sehen. Bekanntlich, wenn man im Herbst morgens früh bei niedrigem Stand der Sonne vor ihr steht und der Schatten auf thaunasses Gras fällt, bildet sich um den Kopf ein lichterer Schein, zurückgeführt auf die Strahlenbrechung in den Thautropfen des Grases. Ohne auf die Tierwelt einzugehen, bemerke ich nur, dass in dieser Gegend zwei seltener gesehene Vögel Vorkommen, die Trappe und der schwarze Storch.
' Es hatten sich hier noch allerhand bemerkenswerte Sitten, Gebräuche, Anschauungen und sonstige Überlieferungen erhalten, weil die Ortschaften, bisher mehr abgelegen vom Grossstadtverkehr und den Eisenbahnen, in der bisherigen Einfachheit und dem früheren schlichten Wesen verblieben. Doch vollzieht sich ein vollständiger Wandel in unseren Tagen. Mancherlei von Grossschulzendorf habe ich bereits in meinem „Wendischen Volkstum“ gebracht. Nur das hebe ich hervor, dass sich das Plattdeutsch der ganz alten Leute, nach meinem Gehör wenigstens, in der Klangfarbe bemerkenswert abhebt von der Sprache der jüngeren Leute. So hörte ich bei greisen Leuten für hochdeutsch „kommen“ nicht nur „koamen“, sondern fast „kwamen“, wie im Holländischen. Noch will ich bemerken, dass hier in gebildeteren Kreisen die Volksforschung vielfach, trotz ihrer heimatlichen Bedeutung, nur geringer Achtung sich* erfreut. Meine Nachforschungen galten in diesen Kreisen als oberflächliche Spielerei. Alte Leute, die noch Sagen wissen, werden einfach als „Lügner“ und „alte Schwindler“ bezeichnet. Also so ungebildet ist man in gebildeten Kreisen noch in dieser Hinsicht, dass man alte, von der Wissenschaft hochgeschätzte Überlieferungen, die zum Teil zurückgehen in das graue Altertum unseres Volkes, zum Teil in die ältesten Zeiten der Menschheit überhaupt, als Lügen einzelner Leute