Heft 
(1897) 6
Seite
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W. v. Schulenburg, Altertümer aus dem Kreise Teltow.

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Stein. Diese Beschreibung gebe ich, in der Hauptsache, nach den wiederholentlichen Berichten des Vater Heinrich aus Wittstock. Doch haben mir noch mehrt' der angesehensten Bewohner von Wittstock das Vorhandensein des Steines bezeugt.

DieRede (Sage) war:Uhnspeel hat auf dem Stein Schuhe geflickt und Kegel gescholten (auf den 9 Löchern). Das kleinere Loch war der Pechnapp, wie ihn die Schuster brauchen; in dem grossen hat er gesessen, oder, nach anderer Fassung:In das grosse Loch hat er sein Schusterwerkzeugrein gelegt, wenn er Schuhe geflickt. Eine alte Frau sagte mir, dass früher in Gross-Schulzendorf (?) die Jungen sich Kegeln gemacht haben, wie ein Finger so lang, von Holz, neune, mit dem König, und dass sie gesagt haben zu einander:Willn wi mann jroten Steen löpen unn Keeln schieben, odern Soltpu'l. Sie sagten auch immer:Da kommt einer und botzelt (auf dem Stein!), dem wollten siehelpen schmieten. Botzein sagte man früher statt kegeln. Es würden sich bei eingehender Nachforschung in Wittstock, Grossschulzen- dorf und Glieneck sicherlich genauere Nachrichten noch ergeben.

Es scheint, der Uhnspeelsteen war ein alter Opferstein, ein altes Heiligtum. Neun ist eine heilige Zahl. Dazu kommen die vertieften Näpfe und Schalen. Auch erscheint verdächtig, dass Eulenspiegel*) hier Schuhe geflickt. Wo gewisse Persönlichkeiten unsrer Sage mit Schuh oder Schustern zu thun haben, darf man, unter gewissen Um­ständen, dem Vorgang vielleicht höhere Bedeutung zumessen. Ich habe bereits früher auf eine Schusterei des Teufels hingewiesen**) im Hinblick auf das Teufelsloch im Teufelskopf am Hintersee in Oberbayern und füge dem hinzu, dass auch in den Pyrenäen Roland seinen Stiefel durch den Fels geworfen, wodurch eine Schlucht entstanden. Ich will indessen keine weiteren Vermutungen hier aussprechen. Es fehlt leider noch an einer zusammenfassenden Arbeit über diese alten Steindenkmäler der Mark. Es wäre eine leichte und sehr dankbare Aufgabe, in den wesent­lichsten Angaben zusammenzustellen, was über solche Steine in Sagen der Mark und sonstigen Mitteilungen sich vorfindet. Es würden daraus ganz von selbst bestimmtere Gesichtspunkte sich ergeben.

Wir können uns vorstellen, dass dieser Opferstein einst dalag unter dem Schatten eines schönen alten Baumes, vielleicht einer Eiche oder Linde, vielleicht auch tempelartig geschützt durch ein Dach, um­geben von einem runden freien Platz, der wohl eingehegt war und das ganze umschlossen von einem heiligen Hain mit uralten Bäumen. Um den Stein versammelten sich dann die Gläubigen zum Gottesdienst,

*) Betreffs des Eulenspiegelsteins in Möllen möchte ich hinweisen auf die ein­gehenden Mitteilungen von E. Friedei in der ZeitschriftBär. Berlin. 1894.

*) Zeitschrift für Ethnologie. Verhandlungen. 1894. 252.

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