Heft 
(1897) 6
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Dr. Carl Platner, Ein Bruchstück aus der ältesten Geschichte Brandenburgs. Iß3

des Bäldäg (des nordischen Baldr) und als Enkel des obersten deutschen Gottes Woden (oder Wuotan) erscheint*). Wegen der doppelten Namens- form dieses ilires Stammheros können die Brondiuge ebensogut Brandinge heissen. Um aber wieder auf historischen Boden zu kommen, so lesen wir in der Langobarden-Geschichte des Paulus Diaconus (II, 3) auch von einem König der Brenten, Namens Sinduald, der ehedem abenteuer­lustig mit Odoaker nach Italien gekommen war und später am Kampfe des oströmisehen Feldherrn Narses gegen die Ostgoten teilnalnn. Es heisst von ihm weiter: er sei noch vom Stamme der Ileruler übrig ge­blieben; bei Agathias (I, 20. 21. 11, 7. !)) wird er einfach als Führer der Heruler bezeichnet. Neben ihm und seinen Herulern gedenkt Agathias auch einer Schar Warnen unter Wackar und Theudibald, die ebentalls unter Narses Dieuste thaton. Dort im fernen Italien gesellten sich demnach Brenten und Warnen ebenso zu einander, wie oben in Nord­deutschland ( die Brondiuge und Warnen des Wanderersliedes neben einander auftreten und als benachbarte Völker angesehen werden müssen. Brenten und Brondingo stehen überhaupt in engster Beziehung zu einander. Im Beowulf (Vers 2807) findet sich das Wortbrenting, das ein Seeschiff bedeuten soll und von dem Adjektiv bront oder braut und dem Substantiv brond oder brand hergeleitet wird. Dieselbe Ety­mologie wie für dieses Gattungswort muss natürlich auch für den Eigen­namen Brentiug gelten, der in der That als Personen-Name in einer angelsächsischen Urkunde des Jahres 044 vorkommt**); er ist aber zu­gleich nichts Anderes, als die patronymische Erweiterung vonBrenten. Die Namen Brenten und Brondiuge kommen also schliesslich auf ganz dasselbe hinaus; beide haben denselben Ursprung, beido bezeichnen einen und denselben Volksverband.

Aus der oben angeführten Nachricht des Paulus Diaconus geht nun aufs deutlichste hervor, dass die Brenten als eine Abteilung der Heruler, wohl die Gefolgschaft eines herulischen Fürstengeschlechtes, anzusehen sind. Sie haben in den ältesten Wohnsitzen des Ileruler-Volkes, dort in der Nachbarschaft seiner ersten Waffengefährten, der Avionen, das Andenken auch ihres Namens und Daseins den Heimstätten späterer Geschlechter untilgbar aufgedrückt. In Nordschleswig und dem süd­lichen Jütland weist eine grosse Zahl von Ortsnamen, die mit Brand, Brönd, Brend beginnen***, auf die Gegend hin, wo wir die frühesten sicher erkennbaren Sitze der Brondinge und somit überhaupt der Ileruler suchen dürfen. Nachher zog dieses Volk oder nur ein Teil desselben

*) J. Grimm, Deutsche Mythol. 1. Aufl. Anhang.

**) Kemble, Cod. dipl. aevi Saxonici II, 250. III, 422. Es ist beide Male die­selbe Flurbeschreibung.

***) Nordalbing. Studien I, 154.