j ß 4 Dr. Carl Platner, Ein Bruchstück aus der ältesten Geschichte Brandenburgs.
weiter nach Süden; wir fanden am Anfang des sechsten Jahrhunderts ein Hertiler-Reich in der Nähe der Thüringer, und eine spätere Andeutung wies uns an die Havel. Sollten die Brondinge nun nicht auch in diesen späteren Sitzen eine Spur ihres Daseins, eine Erinnerung an ihren Namen hinterlassen haben? Auf diesem nur von ganz vereinzelten Lichtstrahlen erhellten Wege finden wir so doch eine Spur, die uns zu einem Aufschluss über Bedeutung und Herkunft des Namens der Stadt Brandenburg leitet. Man will zwar diesen Namen gewöhnlich aus dem Slavischen erklären und hat eine Form Brannibor (oder Brennabor) ersonnen; aber auch abgesehen von der Thatsache, dass die Brandenburg einen selbständigen slavischen Namen führte (Szgorzelcia), muss man doch sagen: so gut unsere mittelalterlichen Gewährsmänner andere slavische Namen richtig überlieferten, würden sie es wohl auch mit dem Namen Brannibor gethan haben, wenn er ursprünglich so gelautet hätte*). Es ist durchaus nicht einzusehen, wie sie dazu gekommen ^sein sollten, gerade diesen Namen zu verändern und ganz willkürlich einen D-Laut, der ihm ursprünglich gefehlt hätte, in seine Mitte einzufiigen. • Die älteste Form, in der er überliefert ist, findet sich in dem .Stiftungsbrief Ottos I. für das Brandenburger Bistum vom Jahre 948**); sie lautet „Brendunburg“ und ist sehr leicht und einfach auf ein althochdeutsches Brentonoburg zurückzuführen. Sie bezeichnet also eine Burg der Brenten.
Schon durch den nahen Harlnngeberg hatte Brandenburg uns au Heruler gemahnt. Dieselbe Stadt lässt uns jetzt um ihres eigenen Namens willen genauer noch auf eine Ansiedelung der herulischen Brenten, der älteren Brondinge, schliessen. Sie knüpft ihren Namen, zugleich mit demjenigen ihrer Begründer, an jenen mythischen Stammheros Brand, den Sohn des Gottes Balder, den Enkel Wuotans; und es hat einen tiefen Sinn — einen tieferen noch, als es demjenigen, der diesen Ausspruch that, selbst wohl bewusst war —, wenn i. J. 1170 auf einem feierlichen Botding***) einer der obersten Hausvasallen des Markgrafen Otto I. in Bezug auf die Brandenburg sagte: prae caeteris castris totius Marchiae Brandenburg gloriosum ejus nomen est et famosuni.
*) Ähnlich äussert sich auch R SchiUmann, Gesch. der Stadt Brdbg. S. 21.
**) 'beeid, Cod. d. Brand. I T. VIII, pag. 91. Die Eroberung der Brandenburg durch Heinrich I. ist zwar früher geschehen, aber später aufgezeichnet worden; denn der älteste Gewährsmann für dieses Ereignis, der Niedersachse Widukind, hat sein Geschichtswerk nicht vor 967 geschrieben.
***) Biedel, Cod. d. Brand. I T. IX, pag. 2.