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W. Pütz, Tiefwerder und der Faule See.
Alle im Handel befindlichen Kartenblätter zeigen auf der O.stseite des Dorfes ein etwa (100 Meter langes, 2U0 Meter breites Gewässer, der „Faule See“ genannt, das mit nordost-siidwestlicher Richtung an den Ort unmittelbar herantretend, die volle südliche Hälfte desselben bespült, während zwei von hier nach der Havel gehende Gräben die wasserumflossene Lage dieses „Werders“ vollenden. Ein derartiges Situationsbild, welches in untenstehender, nach der v. J. 18(i7 herrührenden Messtischaufnahme des Generalstabes gezeichneten Skizze wiedergegeben ist (Fig. 1), entspricht jedoch nur noch zum Teil dem gegenwärtigen Zustand der Dinge, der an Stelle des Sees eigentlich nur eine Fortsetzung des vom Nordende des Dorfes herabkommenden Grabens bis zu dem
weiterhin nach dem Stössen- see mündenden Wasserlauf aufweist. Den Faulen See aber, der sich, wie Fig. 2 zeigt, nur als eine fennartige Verbreiterung des Eisgraben, jenes von der Spree östlich von Ruh- leben ausgehenden, in den Stössen-See mündenden und auf diese Weise eine Verbindung zwischen Spree und Havel diesseits Spandau bildenden Wasserarms darstellt, vermag das Auge vom Dorfe aus überhaupt nicht mehr zu erblicken; denn gerade dort, wo ehedem (Fig. 1) seine Fluten bis an die südliche Dorfhälfte heranreichten, sehen wir heute schon festes, nahe an 10t) Meter breites Wiesenland und als letzten kümmerlichen Rest des Sees nur eine unscheinbare Wasserrinne. Letztere gewinnt aber durch den Umstand an Bedeutung, ^dass die' Fischer zwei von hier bis dicht an das Dorf gezogene Gräben offen halten (s. Fig. 2), um nicht die unmittelbare Verbindung mit dem sowohl durch seinen Fischreichtum, wie durch den Überfahrtdienst zwischen Pichelsberg und Picheiswerder ihre wesentlichste Erwerbsquelle bildenden Stössensee zu verlieren.
So sehen wir in diesen unscheinbaren, künstlichen Wasserarmen gewissermassen ein Stück Dorfgeschichte „im Kampf ums Dasein“ widergespiegelt, im Verlauf dessen die Fischer mit „zunftgemässem“ Gleichmut die unabwendbare Thatsache hinnahmen, dass man heute dort Heu erntet, wo sie in ihrer Jugend auf leichtem Kahn zum Fischfang auszogen.
Stossen-S.
1 : 25000 .