W. Pütz, Tiefwerder und der Faule See.
173
Wohl verwandelt das Hochwasser, welches nach niederschlagreichem Winter die vielen Niederungen der Mark zur Frühjahrzeit meilenweit überflutet, zuweilen auch hier das ganze Wiesenland in einen bis zum hohen Grunewaldsauin reichenden See, aber dieser vorübergehende Zustand vermag an der Thatsache nichts zu ändern, dass hier in der kurzen Frist von etwa 30 Jahren eine Landbildung von mindestens 2500 Quadratmeter vor sich ging, und dass dort, wo vordem ein See von etwa 50,000 Quadratmeter Flächengehalt sich ausdehnte, heute von einem solchen überhaupt nicht mehr die Rede sein kann.
Eine weitere Abweichung der heutigen Situation von derjenigen des Kartenbildes v. J. 1S67 finden wir in der südwestlichen und südlichen Umgebung des Dorfes.
Von den zwei Gräben, die dort (Fig. 1) von der Havel ausgehend und nahe unterhalb des Dorfausganges sich kreuzend in den Faulen See einmündeten, ist nur noch einer vorhanden, und jener breite, dicht vor dem Picheis werder das Wiesengelände durchquerende, von den Fischern die „alte llale“ genannte Wasserarm, der noch vor 20 Jahren schwer beladene Heukähne trug, ist heute nur am östlichen Ende in seinen letzten Spuren durch einen Streifen hohen Schilfwuchses nachweisbar, dessen in immer fester werdender Verfilzung begriffenes Wurzelwerk einen Blick in die Werkstätte der unablässig schaffenden Natur gestattet.
Forschen wir nach dem Grunde dieser Erscheinung, die sich gemäss unserer Schilderung teils als Wasserschwund, zum Teil aber auch als Landzuwachs darstellt, so ergeben sich drei in ihrer Wirkung einander ergänzende Faktoren. Als erste, ziemlich klar zu Tage tretende Ursache wird ein Vorgang anzusehen sein, dem schon manches märkische Gewässer teilweise oder gänzlich zum Opfer ward, und der z. B. zwischen dem nur etwa 13 Kilometer nach S.W. entfernten Fahrlander — und dem Schlänitz-See nachgewiesen ist*), welche beiden Gewässer noch in historischer Zeit einen einzigen See bildeten, heute aber nur durch einen etwa 4 Kilometer langen, zudem sehr von Versandung bedrohten Schift's-
*) Berendt, Diluvial-Ablagerungen der Mark Brandenburg. Berlin 1865.
14
Fig. 2.
1:25000.