Heft 
(1897) 6
Seite
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W, Piltz, Tiefwerder und der Faule See.

Kanal verbunden sind. Dieser Vorgang, welchen der volkstümliche AusdruckZuwachsen sehr treffend bezeichnet, besteht darin, dass zunächst die überaus üppige Wasserflora durch Verfilzung der Wurzeln sog. Schwimmheben bildet, die vorerst wirkliche, schwimmende Inseln von meist nur wenigen Fuss Durchmesser sind und dann an irgend einer Stelle des Ufers zur Ruhe kommen. Allmählich wird nun der bislang vom Wasser eingenommene Zwischenraum zwischen diesen Heben und dem Grunde des Sees durch Schwemmsand ausgefüllt, der sich mehr und mehr festigt und mit der Zeit trockues Land bildet.

Begünstigt wird dieser natürliche Vorgang durch die beiden anderen, auf menschlicher Thätigkeit beruhenden Faktoren, nämlich den Dampfer­verkehr und die Flussregulierung und zwar nicht nur der Havel, sondern in höherem Masse der Spree insofern, als die mit einer grossen Schleussenanlage verbundene Korrektion ihrer Ufer zwischen Charlotten­burg und Spandau dem Eisgraben und somit auch dem Faulen See den bisherigen Zufluss fast gänzlich absclmitt.

Tritt uns in der eben genannten Thatsache nur eine interessante Nebenwirkung jener das Landschaftsbild im allgemeinen nicht zur Freude seiner Liebhaber beeinflussenden Kulturarbeit entgegen, welche seit dem ersten Spatenstich unserer Vorfahren ini wesentlichen eine trocken­legende war, so sehen wir zum andern eine durch die örtlichen Ver­hältnisse bedingte Wirkung der Schiffsschraube, von deren weiterem, unheilvollem, dem Auge des an dem buntbelebten Flussbilde sich er­götzenden Naturfreundes verborgen bleibendem Einfluss diese Blätter unlängst eine sehr beredete Schilderung brachten.*) Es sind dieselben den Grund des Flussbettes aufwühlenden und die Fischbrut vernichtenden heftigen Dampferwellen, welche immer neue Sandmassen in den zur Havel mündenden und mit dem Reste des Faulen Sees in Verbindung stehenden Graben werfen, so dass die Fischer nur durch wiederholtes Ausbaggern das völlige Versanden dieses ihres nächsten und unmittelbaren Ver­bindungsweges zum fischreichen, weil bislaug noch von keinem Dampfer beunruhigten Wasser des Stössen-Sees zu verhindern, im stände sind.

Eine Fahrt auf diesem nach unten sich allmählich verbreiternden Graben vermag den Naturfreund mit einer Fülle eigenartiger, durch die bedenkliche Nähe der Millionenstadt zu ganz besonderer Wirkung ge­steigerter Reize zu fesseln.

Einem Festschmuck gleich säumt ein reicher Flor duftiger Teich­rosen die im anmutigen Spiel ungezwungener Uferlinien den weiten Wiesenplan durchziehende Wasserstrasse, wo bald in kräftiger Silhouette das Querprofil des in mannigfaltigem Waldesschmuck prangenden Pichels- wei der aufsteigt. Weithin begrenzt der dunkle Kiefernsaum des Grune-

*) Brandenburgs V. Jahrg. Kr. G. S. 235 u. f.