Heft 
(1897) 6
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Kleine Mitteilungen.

einem Freitag wendet. Eine nicht ungebildete Frau, die sich auch zur Kirche hält, zieht nie Freitags ein neues Kleid an, beginnt auch nie an diesem Tage eine neue Arbeit, weil sie sonst kein Glück habe. Als Grund giebt sie den Charfreitag an. Wenn eine Wöchnerin am Sonntag zuerst aufsteht, so wird sie schwer krank. Weihnachtszeit. Manche Leute halten strenge darauf, dass in der Woche zwischen Weihnachten und Neujahr die Wäscheleine nicht auf dem Trockenboden ist, weil sonst jemand in der Familie stirbt. In Pommern hat man den Aberglauben: Wenn in dieser Zeit gewaschen wird, so stirbt der, dem die Wäsche gehört. Es liegt dabei ein heidnischer Gedanke zu Grunde, dass nämlich die in das Gebiet des Wodans­dienstes gehörige Zeit der Wintersonnenwende, in welche das Julfest fiel, die Zeit der Zwölfnächte von Weihnachten bis Dreikönigstag (6. Januar), verhängnisvoll sei.

Prediger Hausig. (1862.)

Diese Formen des Aberglaubens sind in Berlin noch heut am Ende des 19. Jahrhunderts, selbst bei den sogenannten Gebildeten, gewöhnlich. Die sogenannten Aufgeklärten lachen über diese Dinge, abergläubisch sind sie deshalb nicht minder, der Aberglaube hat bei denklugen Leuten nur eine mehr moderne, mehr rationalistische Form. In der That scheint der Aberglaube, namentlich der Animismus und der Fetischismus, von dem Vor- stellungsvermögen der Menschheit nicht lösbar, vielmehr eirf geistiges Zu­behör des Homo sapiens zu sein, wie dies u. a. Adolf Bastian mit einem bewundernswürdigen Aufwand von Thatsachen überzeugend nachgewiesen hat.

E. Fr.

Wer hat die Polka erfunden? Eine Antwort auf diese öfters auf­geworfene Frage giebt dieNeue Musikzeitung. Sie schreibt: In der Stadt Elbekosteletz in Böhmen lebte ein junges, hübsches Bauernmädchen, das in der unbefangenen Lust seines siebzehnjährigen Herzchens eine später weit­berühmteErfindung machte. Die Kleine erfand nämlich die Polka. An den Sonntagnachmittagen hüpfte sie singend und mit anmutigen Bewegungen umher und dem Lehrer Neruda, der sie belauschte, gefiel das so sehr, dass er Rhythmus und Melodie aufschrieb und den neuen Tanz nach Prag schickte, wo er bald allgemeine Aufnahme fand. Nach Paris gekommen, wurde er aber erst berühmt und eroberte von dort aus die Welt. 1844 wurde er sogar auch, wie jede andere Berühmtheit, angefeindet, nämlich alsdirekt unan­ständig in Lüttich verboten. Aber selbst diese Anfechtung hat die Polka siegreich überstanden, wenn auch neuere Tänze ihr starke Konkurrenz auf unseren Bällen machen. Vergl. hierzu die Mitteilungen über die Polka im Monatsblatt Bd. V, S. 151 von 0, Pniower und S. 239 vom Unterzeichneten.

Berlin, 2. Februar 1897. E. Fr.

Der Judentotschlag bei Grimnitz, Kreis Angermünde. Wenn man auf dem Kirchhof von Grimnitz steht, erblickt man nordwärts hinter den Wiesen den Wald. Dort liegt an der Strasse, die von Grimnitz kommt, ein Reisighaufen,der Judentotschlag genannt. Vor vielen Jahren wurde an