Heft 
(1897) 6
Seite
184
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184 K. Altrichter, Die Glockeninschriften von Stemebeck und Tempelhof.

Deklinationsendung; es stellt einen Begriff für sich dar und ist mit dem di nicht als Endung zu verbinden. Eine ähnliche Beobachtung kann man an den 3. d machen. Das dritte, obsclum ebenso gestaltet wie das vorhergehende, ist erkennbar grösser als dieses. Das erste d überragt nicht nur die beiden erwähnten, indem es so gross wie das davor stehende a gemacht ist; es ist auch vollkommener ausgestaltet, indem es sich durch sein vollkommeneres' Untergestell als ein sogen, grosses D ausweist. Auch dass das a im Verhältnis zu dem a, Figur 1, einfacher gemacht ist, indem der Querstrich fehlt, weist darauf hin, dass dem ersten a wiederum ein höherer Wert inne wohnt als dem a No. 2 und 7. Das verschwindend kleine d, Figur 9, kann nur eine adverbiale Bestimmung zum Ausdruck bringen, wenn No. 10 ein Hauptwort ist. Ich lese diese Zeichen wie folgt:

a(d) d(omum) d(ie) d(omin)i J(esu).

Rätselhaft erscheint das folgende Schriftzeichen 13. Sieht man sich in den Schriftformen des Mittelalters nach einem ähnlichen Zeichen um, so bleibt man bei dem X wie es unter No. 35 dargestellt ist, als dem ähnlichsten stehen. Im wesentlichen ergeben die Enden der Figur 13

die Bestandteile der Form 35. Den wesentlichen Unterschied kann man

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nur in dem Verbindungsstrich zwischen diesen beiden \\ inkeln finden. Das Mittelalter kennt noch nicht den Horizontalstrich der heut nach der schulmässigen Form des grossen X diesen Buchstaben kreuzt. Ich glaube aber keinen Fehlgriff zu thun, wenn ich behaupte, dass dieser Querstrich sich aus einer Verbindungslinie, ähnlich der vorliegenden entwickelt hat und dass in dieser hier eine besondere Bedeutung nicht gefunden werden kann. Es ist immer zu berücksichtigen, dass eine vorherischend handschriftliche Leistung vorliegt und in einer solchen ist der individuelle Geschmack massgebend. Es würde sonach kein be­gründetes Bedenken bestehen können, in der etwas gestreckten Figur 13 ein X zu erblicken und zwar, auf Grund des Querstriches, ein grosses X. Dieses ist aber noch bis heut die Abkürzung des NamensChristus.

In No. 16 und 20 erscheinen zwei Zeichen, die scheinbar überein­stimmend, doch bei genauer Vergleichung recht erhebliche Unterschiede zeigen. In No. 16 ist der erste Strich stark und gerade. Dasselbe gilt von No. 20, aber er ist durchzogen von einem wellenförmigen dünnen Strich, der mir den Eindruck zu machen scheint, als solle er den geraden starken Strich beseitigen und dann ersetzen und somit der Anfang dieses Zeichens ein anderer als in No. 16 sein. Der dritte Strich in No. 16 ist wieder stark, der entsprechende in No. 20 aber dünn. In seiner Abänderung weist das Zeichen 20 auf v in der Bedeutung von u hin. Wenn in No. 16 der erste Strich gerade ist und rechtwinkelig gegen die Grundlinie steht, so möchte ich darin ein 1 gelesen wissen und in der Verstärkung des zweiten Vertikalstriches die Andeutung