K. Altrichter, Der Kosenthaler Gold- und Silberfund.
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nicht hier des Todes Baldurs, der so überaus ähnlich und doch auf ganz andere Weise wie der Siegfrieds oder Sigurds herbeigeführt wird.
ln 1 und in sind nur zwei runische Zeichen zu sehen: Xt oder welche eine Schriftreihe von oben nach unten darstellen, während sich sonst an den Brakteaten diese Zeichen als Umschriften wiederfinden. Die beiden hier vorliegenden Zeichen stellen höchstwahrscheinlich eine Abkürzung des Namens des Herstellers oder des mit dem Brakteaten Beschenkten dar. Das schräge Kreuz würde, je nachdem man anniinint, dass der Brakteat der Zeit vom 3. bis 5. oder der Zeit vom 5. bis 8. Jahrhundert angehört, als G oder N oder als E zu lesen sein, während in dem nach unten geöffneten Winkel ein L in jedem Falle erblickt werden muss.
In den zahlreichen, namentlich in Dänemark und Jütland aufge- fundenen Brakteaten, welche den nordischen Forschern zur Veranlassung geworden sind, eine besondere zweite Eisenperiode zwischen dem f>. und 8. Jahrhundert als die der Brakteaten zu bezeichnen, kehrt immer diese Darstellung aus der Siegfriedsage wieder. Es liegt deshalb die Annahme überaus nahe, dass man in diesem gehenkelten Brakteaten weniger ein Schmuckstück als vielmehr eine Art Talisman oder auch ein Zeichen der Verehrung zu erblicken habe, ähnlich wie in der ganzen Christenheit das Kreuz von den Frauen vielfach als Halsschmuck getragen wird. Und wie heut nicht selten dem Verblichenen ein Kreuz in die Hände gelegt wird, ehe man den Körper zur Ruhe bestattet, so liess man damals auch dein Toten seinen Brakteaten, der Zeit seines Lebens sein Schutz und Schmuck gewesen war.
Nebenbei war der Brakteat in Anbetracht des verwendeten kostbaren Metalles sicherlich auch Schmuck, den man offen und nicht verborgen am Leibe trug. Stellt man sich nun eine frühe Zeit des Mittelalters vor, als die ersten Sendboten des Evangeliums in die noch heidnischen Gebiete Germaniens vordrangen, so wird, sobald die neue Lehre Fuss fasste, die nächste Aufgabe die gewesen sein, die Macht der alten, der bisherigen Vorstellungen zu brechen. Ausserlich geschah dies, wie männiglich bekannt, vornehmlich dadurch, dass man überall da, wo vorher den Göttern Opfer gebracht worden waren, Kapellen, Kirchen und Klöster erbaute, um den Neubekehrten die Möglichkeit zu nehmen, heimlich und in der Stille der Nacht der alten Gewohnheit nachzugehen; den inneren Aufbau der Machtfülle heidnischer Vorstellung suchte man aber dadurch zu vernichten, dass man die erhaltenden und schaffenden Kräfte auf Gott Vater übertrug, während man die ebenso mächtigen vernichtenden Kräfte und was damit zusammenhing, in das Reich des Teufels verwies. Es war weiter notwendig, den bisherigen Vorstellungen