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K. Altrichter, Der Rosenthaler Gold- und Silberfuud.
den Boden zu entziehen, indem man alles verketzerte und vernichtete, was die Erinnerung- an die alte Zeit erhalten konnte. Es war aber alles vergeblich. Die alten Anschauungen erhielten sich, sie haben sich erhalten zum Teil bis auf unsere Tage, wenn auch vielfach der Ursprung derselben der grossen Menge verloren gegangen ist. Es lag nun sehr nahe, vor allem die Brakteaten, die das Sinnbild des Lichtgottes enthielten, unschädlich und unwirksam zu machen; oder solchen Schmucksachen eine andere Bedeutung unterzulegen, indem man eine christliche Legende zur Darstellung brachte wie vielfach in den sog. Aisengemmen. In wieweit das letztere sonst noch geschehen, steht nicht fest; sicherlich wird das Nächstliegende gewesen sein, dass man das Tragen der Brakteaten verbot. Da sich aber bisher gegen Moden und Sitten alle Priestergewalt als machtlos erwies — ich denke dabei nur an das der Pi'iesterschaft verhasste Tanzen — so wird man nach wie vor Brakteaten getragen haben. Die Künstler aber mussten notwendig darauf denken, um eine gewaltsame Entfernung unmöglich zu machen, die gewohnte Darstellung so umzugestalten, dass nicht obenhin und ohne weiteres der Gegenstand der Darstellung klar war, sie mussten auf ein Mittel sinnen, wie sie durch unverfängliche Bildungen im Grunde doch das Alte darstellten. Verbote sind doch eben da, damit sie umgangen werden. Was lag nun wohl näher, als die Figuren der alten Darstellung in Striche und Punkte zusammenschwinden zu lassen und auf eine kindliche Darstellungsweise zurückzugreifen.
Wie vortrefflich diese List dazu beiträgt, den wahren Inhalt der Darstellung zu verbergen, lehrt die Gegenwart, welche in diesen regellosen Strichen das Erzeugnis einer vollständig verrohten Kunst zu finden beliebt.
Vollendet wird die Verbergung des wahren Inhaltes der Darstellung noch durch das Anbringen dev Öhse an einer seitlich belegenen Stelle, so dass selbst die Runenzeichen kaum mehr als solche erkennbar sind.
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Die silberne Fibel.
Bevor ich auf das eingehe, was in der Platte dieser Fibel dargestellt sein soll, trage ich zunächst das Hierhergehörige aus dem Bericht vom 25. Oktober 1890 nach.
Herr Friedei sagt: Nach Entfernung der Oxydschicht ergab sich aber, dass das Metall (vornehmlich der Fibel) Silber- und die Oberfläche vergoldet war. Der Eisenrost war die letzte Spur des Fibuladorns, dessen federnde Spirale zwischen zwei, etwa 0,6 cm vom breiteren Ende auf der unteren Seite abstehenden Oesen befestigt war, während das