Heft 
(1897) 6
Seite
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K. Altrichter, Der Rosenthaler Gold- und Silberfund.

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Lager für die Dornspitze auf dem gegenüberliegenden Bügelende ange­bracht ist, so dass der vielleicht 2 cm lange Dorn selbst zwischen Spirale und Lager nur auf einer Länge von 1,2 cm frei lag d. h. zum Aufstecken benutzt werden konnte. Gerade über dieser Stelle macht der Bügel eine Wölbung von 1 / s Bogen, während die sonstige Ober­fläche ganz flach liegt. Figur 10 zeigt die Form dieses Bügels*) und die in sehr tiefen Forchen ausgravierte Verzierung; das untere Ende ist von zwei vorspringenden Vertiefungen flankiert, in welchen vermutlich roter Glasfluss oder Almandine gesessen haben. Der Bügel ist demnach als der Rest einer vergoldeten, mit 2 Steinchen und tiefer Linear-, auch Perlstab-Verzierung versehenen Silberfibula mit eisernem Dorn zu be­trachten. Soweit der Bericht.

Je jünger eine Kunst ist, desto mehr ist sie geneigt, in ihrem Er­zeugnis einen Gedanken darzustellen und dazu bedient sie sich des Symbols. Das lehrt in ganz auffallender Weise die Baukunst. Von dem gotischen Gewölbe, das von überaus schlanken Pfeilern getragen wird, sagt man, es versinnbildliche den deutschen Buchenwald mit seinen schlanken Stämmen und seinem sich wölbenden Laubdach. Das letztere könnte man sehr wohl in dem Liniengewirr der vielgegliederten Gewölbe­rippen wiederfiuden.

Die vorliegende Fibel ist nicht vollständig, ln Figur 10 habe ich durch Punktierung an der Stelle a erkennbar gemacht, dass ein der anderen Ecke entsprechendes Stück fehlt. Dass in dieser Figur irgend etwas aus dem Reiche der Natur dargestellt sei, war mir zweifellos. Die Frage nach dem Was? war aber nicht so leicht zu beantworten. Der oben gedachte Fundbericht schweigt nach dieser Richtung voll­ständig.

Da ohne weiteres ans dem oberen Teil der Fibelplatte nichts zu machen ist, beginne ich mit dem unteren Teile. Zwei Figuren, die dem alten Sonnenzeichen gleichen, machen den Anfang. Von hier aus geht je eine Linie nach oben, die zwei Längsriefen hat, entsprechend den beiden Hohlkreisen der Scheiben. Dazwischen bewegt sich eine Fläche, die, soweit sie nicht durch Lötung in ihrer Zeichnung ungenau geworden ist, im wesentlichen eine doppelte Zickzack-Linie aufweist, deren letzte Aus­läufer sich unten zu einem flachen Bogen runden. Gellt man von der kind­lichen Darstellung eines menschlichen oder tierischen Körpers aus, wie sie oben eingehender besprochen ist, so hat man zwei Beine nebst Füssen vor sich. So unerklärlich die zwischen den Beinen liegende Zeichnung ist, so leitet sie doch auf die Erklärung des Mittelstückes

*) Eine in mancher Beziehung ähnliche Fibel, aber von doppelter Grösse, gleich­falls aus Silber, findet sich Seite 19 desGuide illustre du musee des antiquit^s du nord ä Copenliague von C. Engelhardt von 1870 ahgebildet.