Heft 
(1897) 6
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H. Pieper, Parchent und einige ähnliche Namen.

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nur heissen kann: (die eine Hälfte des Poinoeriums geht) bis zur dritten der vorgebauten Vorbauten.

So haben wir es liier augenscheinlich mit einem alten indogermani­schen Worte zu thnn, dessen Grundform *parrosBohle kaum noch in dieser Gestalt vorhanden sein dürfte, das aber in seiner Weiterbildung *parrekos, woraus parcus, in dem ganz bestimmten SinneBohlenwerk, Boiwerk zur Bezeichnung einer vor einer stärkeren Verteidigungslinie errichteten Aussenbefestigung sowie des von beiden eingeschlossenen Raumes diente. Da man diesen Raum vielfach zur Einschliessung des Viehes oder zur Aufbewahrung von Lebensmitteln benutzte, finden wir das Wort auch in der Bedeutung vonViehhürde undKornspeicher an­gewendet; in ähnlichem Sinne spricht man auch von einem Munitions-, Geschütz-, Fuhr- und Belagerungspark.

Wie Parchent möchte ich noch einige ähnliche Wörter, wenn auch in kürzerer Weise, behandeln, Wörter, die ebenso interessante Aufschlüsse über frühere Einrichtungen bringen können, wenn es gelingt, sie richtig zu deuten und in den richtigen kulturgeschichtlichen Zusammenhang zu bringen. Manche von ihnen sind offenbar slavischen Ursprungs, so z. B. der (heutigen Tages nicht mehr gebräuchliche) Name der Pribekentstr. in Neu-Ruppin (Urkunde v. J. 1365 bei Riedel, Cod. Dipl. Brandenb. A IV S. 303), welchen ich aus dem slavischen *pri-bokü (z. B. oberlaus, pribok Seite, Seitenteil, cech. pribok, poln. przybok u. s. w.) erklären möchte, umsomehr, als diese Strasse bis an die Stadtmauer reichte und als Hinter- oder Nebenstrasse wahrscheinlich das Quartier der Wenden war.

Andere Benennungen, die auf den ersten Anblick durchaus fremd­artig erscheinen, sind dagegen aus dem Deutschen zu erklären. In Stendal und, wenn ich nicht irre, auch in Belzig giebt es eine Karnip(p)-, älter Karnappstrasse. 1 ) Die Deutung des Namens giebt das mittelnieder­deutsche Lexikon von Schiller u. Lübben (II, 430), vvonach das Wort karnap einen Ausbau am Hause, einen Erker oder Balkon bedeutet. Der Ursprung desselben an ein Kompositum von nap(f), dessen Her­kunft übrigens auch unbekannt ist, kann wohl kaum gedacht werden bleibt uns freilich vorläufig noch dunkel 2 ), ebenso, weshalb gerade

lassen sich alle Bedeutungen von pergula, das als ein Wort der Vulgärsprache sehr wohl für *perc(u)la stehen könnte, cf. gragulus aus graculus Varro d. 1. 1. V, 76; gur- gulio für *curgulio = curculio; neg-lego = nec-lego u. a. m., auf die eine Grundbedeu­tungherausgebautes Holzdach zurückführen. Lat. pariesWand, span.-portug. parraWeinlaube, Rebengeländer anders urteilt G. Körting, Lat.-rom. Wörterbuch S. 541 No. 5901, vielleicht auch lat. perticaStange dürften gleichfalls hierher ge­hören. Auch gr. -nQifivovStamm und ags. franca basta altnord, frakke dass, lassen sich vergleichen, die letzteren falls sie wirklich ursprünglichKnüttel bedeuten.

) In früherer Zeit kam der Name auch in Neuruppin vor, cf. G. Bittkau. Ältere Gesell, d. Stadt Neuruppin S. 43.

2 ) Das Verbumkarnappen wird von dem Aufbauschen der Kleider gebraucht, cf. Schiller-Lübben a. a. O.