Heft 
(1897) 6
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Pie Grabstätte Ludwigs des Römers.

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eigenen Worten herauslesen kann:*) Horum sepulera extant apud Brande- burgenses, sed ita pedibus attrita sunt, ut nullum paene vestigium literarum iniisappareat. Epitaphia, quaeerantinscripta ante annos centum, ubi nonduin penitusoblitteratafuere,homo antiquitatis Studiosus descripsit intabulamad parietem hemicycli suspensam: quae tabula me adolescente adhuc in templo habebatur.**) Qui vero descripsit, testatus est nihil suo tempore legi potuisse praeter etc. Gehen wir bei Bestimmung des Zeitausdruckesante annos centum von dem Jahre aus, in welchem die Schrift des Sabinus erschien, dem Jahre 1552, so gelangen wir in die Regierungszeit des Kurfürsten Friedrich II., von dem wir wissen, dass er, wie er überhaupt viele in der wilden Raub­ritterzeit verfallene Kirchen wieder hcrstellen liess, so auch das berühmte Heiligtum auf dem Marienberge zum religiösen Mittelpunkte des von ihm gestifteten Ritterordens Unserer lieben Frauen machte. Dem letzten Ereignisse werden auch wohl jene apokryphen Epitaphien ihr Dasein verdanken.-}-)

Wenn wir nun berücksichtigen, dass in der Klosterkirche zu Berlin sich kaum ein Kunstdenkmal befindet, das noch in das 14. Jahrhundert zurückreicht, dagegen sehr viele, die dem 15. Jahrhundert angeliören, so dürfen wir daraus wohl den Schluss ziehen, dass Friedrichs II. fromme Fürsorge sich auch auf dieses Gotteshaus erstreckt hat. War es doch diejenige Kirche, in der sein Vater denen, welche hier in der Mark zuerst von allen seinen Waffen- gefährten ihr Blut für ihn verspritzt hatten, den in der Schlacht am Kremmer Damm (24. Okt. 1412) gefallenen Rittern Graf Johannes von Hohenlohe, Kraft von Leutersheim und Philipp von Utenhofen als Anerkennung ihrer grossen Verdienste um ihn Grabdenkmäler ff) hatte errichten lassen! Friedrichs eigenes Interesse für die Kirche können wir wenigstens noch aus einer Urkunde vom Jahre 1443 ersehen, in der er alte Schenkungen an diese und das Kloster bestätigt.

Worauf ich bei dieser Auseinandersetzung hinauswollte, ist, davor zu warnen, dass man jeneralten Tafel, auf die sich die Chronisten des 16. Jahrhunderts berufen, wenn sie Ludwig hier begraben sein lassen, nicht zu viel Beweiskraft beilege: aller Wahrscheinlichkeit nach war dieselbe nicht so alt, dass sie den von ihr erwähnten Thatsachen zeitlich gleichstand oder denselben auch nur nahe kam.

Die Thatsache kann dabei doch richtig sein. Wenn in vorreforma- torischer Zeit ein märkischer Regent aus irgend einem Grunde in Berlin seine letzte Ruhestätte finden wollte oder sollte, so musste hierfür in erster Linie die Klosterkirche in Betracht kommen, da es vor Einrichtung der Domkirche eine eigentliche Hofkirche in dieser Stadt nicht gab, die Kloster

*) G. Sabinus, Hugo Marchio Brandenb. Cap. VII in den Scriptores rer. Marchiae Brandeb, Frankf. a. 0. 1742 I. S. 201. (Reiner Reineccius, Orig, stirpis Brand. 1581 p. 70).

**) Hätte Sabinus selbst die Inschriften gefälscht, so hätte er es jedenfalls nicht gewagt, die letzten Worte, die von sehr vielen älteren Brandenburgern gelesen wurden, zu schreiben.

f) Dieselben machen eher den Eindruck, als ob sie auf einen Ordensritter jener Zeit denn auf einen Markgrafen aus der voraskanischen Epoche verfertigt seien,

ff) E. Wusterwitz bei Angelus Ann. S. 190. Zwei von den Grabdenkmälern haben sich bis jetzt erhalten, cf. Berlinische Chronik S. 1412 (156 f,).