Heft 
(1897) 6
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Kleine Mitteilungen.

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doch den Vorzug und zwar so gar,*) dass alle die übrigen beim Verkauf sich oftmals unter dem Namen Teltowischen verstecken, sich aber bald teils durch das Kochen, teils durch den Geschmack verraten, welcher bei den Teltowischen aromatisch und lieblich, aber etwas pikant ist, wenn sie halbe oder ganze scheffelweise auf der Post nach Königsberg in Preussen oder Hamburg verschicket werden.

Was Bekmann da übrigens für die damalige Zeit andeutet, soll noch immer gelegentlich Vorkommen. Die charakteristische Kleinheit der Kübe soll nämlich noch immer öfter die Veranlassung sein, dass man, wie jener Bauer sagte,Teltower macht. Der war nämlich nicht gerade aus dem berühmten Rübenlande, wollte aber doch gern für seine Rüben möglichst denselben Preis wie die dorther stammenden erzielen. Da suchte er denn, wie es heisst, aus seiner Rübenernte die kleinsten heraus und that sie in einen besonderen Sack, und wie ihn ein guter Freund bei der Arbeit traf und fragte, was er denn da mache, sagte er mit schlauem Blinzeln: ick macke teltower.

In betreff der Zubereitung der Rüben giebt es schliesslich im Lande Teltow noch eine eigene Tradition. Man darf, heisst es, die Rüben nicht schaben, sondern muss nur die feinen Wurzelfasern, die überall an denselben hervorkommen, mit Sand abreiben, dann das Kopf- und äusserste Schwanzende abschneiden und sie schliesslich nur noch sauber waschen. Auf diese Weise soll sich namentlich das feine, unmittelbar unter der Schale sitzende Aroma erhalten. In Berlin scheint man dies auch früher allgemeiner ähnlich gemacht zu haben, wenigstens deutet darauf die zu Anfang dieses Jahrhunderts hier noch vielfach übliche Redeweise hin, dass man weisse (Teltower-) Rüben, wie es hiess, nurfegte, was wohl eine viel sanftere Art des Schabens, als die z. B. bei deiTMohrrüben übliche bezeichnen sollte. W. S.

Zu Vorstehendem füge ich auf Anregung des Herrn W. S. noch folgen­des hinzu: Zunächst eine Probe davon, wie wenig Verständnis mitunter selbst Norddeutsche für die Zartheit und Schmackhaftigkeit der kleinen Teltower Rüben haben. Der berühmte Dichter Johann Heinrich Voss (geb. zu Sommersdorf bei Waren in Mecklenburg i. J. 1751) hatte sich, als er nach Heidelberg übersiedelte, dorthin Samen der echten Teltower Rüben kommen lassen. Dieselben veränderten sich unter dem milderen Klima und in dem sehr fetten humosen Gartenboden vollständig und erreichten die Grösse ansehnlicher Petersilien-Wurzeln. Als ein Märker Voss besuchte,

zeigte Voss ihm triumphierend dieverbesserte Teltower Rübe, erwähnte aber nicht, dass dieselbe vollständig den pikanten Geschmack verloren hatte und fade geworden war. Papst Pius IX. war in früheren Jahren ein grosser Verehrer der Teltower Rübe und liess sie sich von Berlin nach Rom schicken. Jenseits des Mains kennt man die Teltower Rübe weniger, doch habe ich sic auf den Speisekarten erstklassiger Gasthöfe in Salzburg und Nürnberg in diesem Jahr gefunden.

Berlin, 13. Oktober 1897. E. Fr.

*) Aus dem Kreise Teltow macht er noch ausser dem gleichnamigen Städtchen die Dörfer Blankenfelde, Klein-Machnow, Stansdorf und Sputendorf namhaft.