10. (8. ausserordent.) Versammlung des VI. Vereinsjalires.
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Herrlichkeit. Er hat sie nicht wieder anfgerichtet, aber der Hohen- zollernstein kann ihm melden, dass die deutsche Herrlichkeit wiedergekehrt ist, herrlicher als je zuvor.
Und steigt nicht beim Anblick des Steines des noch in seinen Trümmern so mächtigen Kynast die ritterliche Romantik des Mittelalters in ihrer ganzen Pracht vor uns auf?
Der Stein von Franz von Sickingens Burg, der von der Stammburg Ulrichs von Hutten, rufen sie uns nicht jene letzten tapferen und echten Ritter in das Gedächtnis zurück, welche, der eine mit dem Schwerte, der andere mit der Feder, die aber in seiner Hand, in der eines wahren Ritters vom Geiste, ein scharfes schneidiges Schwert wurde, das von Wittenberg aus neu aufgehende Licht in edler Begeisterung zu schirmen bemüht waren! Dort in der Feste Landstuhl, aus deren zerfallnen Mauern die Turner der Pfalz ihren Stein ausgebrochen, hat Franz von Sickingen seine letzten Seufzer ausgehaucht. In ihm erlag die freie edle deutsche Ritterschaft für immer der Fürstenmacht.
Aber der Sandstein von Deutschlands „schönster Ruine“, vom Heidelberger Schloss, welchem Deutschen treibt sein Anblick nicht jetzt noch die Röte des Zorns und der Scham ins Gesicht über das Unglück, über die Schmach, welche der „allerchristlichste“ König' von Frankreich ungestraft und ungerächt mit seinen Raub- und Brandhorden über unsere blühendsten Fluren, unsere schönsten Städte bringen durfte?
Gern wenden wir uns von diesem Stein zu anderen, die uns erfreulichere Bilder vorführen. Da erzählt uns der Stein aus Quedlinburg von dem trefflichen deutschen König Heinrich dem Finkler und seiner frommen Gemahlin Mathilde, die dort auf dem Felsen ihre letzte Ruhestätte gefunden haben, von dem deutschen Sänger Klopstock, von Karl Ritter, dem Begründer der wissensc e und Schüler GutsMuths’,
jenem hochverdienten Vorarbeiter Jahns, dem „Erz- und Grossvater der Turnkunst,“ dem der Stein besonders gewidmet ist. Wir werden durch den Stein aus Wolfenbüttel an den grossen Denker und Geisteshelden Lessing, wir werden durch den aus Bonn an den glühenden Sänger der Befreiungskriege, Freund und Mitstrebenden Jahns, an E. M. Arndt erinnert. Auch ihm hat das dankbare Vaterland ein Denkmal errichtet. Dort in Bonn steht es auf der hohen Warte am Rhein, der ihm „Deutschlands Strom, nicht Deutschlands Grenze“ war. Von seinem Hause haben die Bonner Turner den Stein als Gabe für Jahn dargebracht. Der gewaltige Staatsmann aber, der unversöhnliche Feind Napoleons, der adliche, d. h. edle Freiherr von Stein, auch er tritt vor uns in dem Stein aus seiner Stammburg. Wir gedenken bei den Kanonenkugeln von dem Schlachtfeld bei Belzig, bei dem Stein von den 24. Turnvereinen des Leipziger Schlachtfeldes der grossen Befreiungskämpfe, in denen ja auch unsere Turner die Bluttaufe erhalten haben.